Bericht im „Thüringer Tageblatt“ (1984)

Auf einem Heiligen Berg

Nördlich der Werra bei Eisfeld liegt Crock, und im Norden von Crock erhebt sich der Irmelsberg. Auf jener Höhe steht die 1489 errichtete Kirche, die unsere Vorfahren dem heiligen Veit weihten. Bis um die Jahrhundertwende suchten sie viele Pilger auf, wenn sie nach Vierzehnheiligen bei Staffelstein in Bayern zogen. Vor der Reformation galt die Kirche von Crock sogar als Ziel von Wallfahrten.

Die Kirche muß eine lange Vorgeschichte haben, dafür gibt es Indizien. Da umgibt eine starke, noch heute übermannshohe Mauer den Kirchhof. Das deutet auf eine mitteralterliche Bauernburg, eine Zufluchtstätte bei Kriegsgefahr am geheiligten Ort. Das Eingangstor muß neueren Datums sein, nichts weist mehr auf Wehrcharakter an dieser Stelle. Der Pfarrer macht uns auf einen großen Stein vor der Pforte aufmerksam. Eine Ortssage umrankt ihn. Er soll einst als Opferstein gedient haben. Wir betrachten ihn von allen Seiten: Keine Spur verrät etwas, der Stein schweigt. Vor der Kirchhofsmauer fand man noch Reste von Wall und Graben um das Terrain. Es dürften die Überbleibsel einer vorgeschichtlichen Fluchtburg sein. Seit der Jungsteinzeit verstanden die Menschen, ein bescheidenes Mehrprodukt zu schaffen. Es regte zu Tausch an, verleitete aber auch zum Raub. Bei Gefahr von Überfällen zogen sich die Siedler in die mühsam geschaffene Wallanlage mit ihrer Habe zurück.

Der Name „Irmelsberg“ weist wohl auf „Irminsul“. Die Germanen glaubten, daß Säulen die göttliche Ordnung der Welt tragen. Es schein wahrscheinlich, daß ihre hölzernen Idole hier oben verherrlicht wurden. Tacitus überliefert: „Im übrigen verträgt es sich nicht mit der Vorstellung der Germanen von der Erhabenheit der Himmlischen Götter in Wände einzuschließen und irgendwie menschenähnlich darzustellen. Sie weihen ihnen vielmehr Lichtungen und Haine, und mit Namen von Göttern bezeichnen sie jenes geheimnisvolle Wesen, das sie nur in ihrer Verehrung und im Geiste schauen.“
Manfred Tittel

Thüringer Tageblatt Nr. 58 / 1984

Thüringer Tageblatt Nr. 58 / 1984

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