Crock Schule 1591-1991

Schulbroschüre von Pfarrer Johannes Ziegner, Crock

Nachdem die Crocker Kirchgemeinde 1989 die 500jahr-Feier ihrer Kirche noch unter dem „real existierenden Sozialismus“ ausgestaltet hatte, begeht in diesem Jahr die ganze Dorfgemeinde, heute ein Ort in der Bundesrepublik Deutschland im Land Thüringen, das 400-jährige Jubiläum ihrer Schule.

Vier Jahrhunderte Schule in unserem kleinen Dorf sind ein Anlaß, Rückblick zu halten. Beginnen möchte ich in der Zeit der Reformation 1517. Sie führte nicht nur in der Kirche zu tiefgreifenden Veränderungen, auch das Schulwesen wurde grundlegend erneuert. Luther schlug den Religionsunterricht anhand der deutschen Bibel und des deutschen Katechismus vor. Beides führte als Bildungsgrundlage zur allgemeinen Schulpflicht.

Titelblatt Broschüre Crocker Schule

Titelblatt Broschüre Crocker Schule

„Der Reformator hatte schon frühzeitig die große Bedeutung der allgemeinen Schulpflicht erkannt und bereits 1524 in seinem Sendschreiben ,An Ratsherren aller Städte deutschen Landes daß sie christliche Schulen aufrichten und halten sollen‘, gefordert: Wenn man der Schulen und Sprachen gar nicht bedürfte um der Schrift und Gottes willen, so wäre doch allein diese Ursache genugsam, die allerbesten Schulen, beide für Knaben und Maidlein, an allen Orten aufzurichten, da die Welt doch bedarf feiner, geschickter Männer und Frauen, daß die Männer wohl regieren könnten Land und Leute, die Frauen wohl ziehen und halten könnten Haus, Kinder und Gesinde… Es ist jetzt eine andere Welt und geht anders zu. Meine Meinung ist, daß man Knaben des Tages eine Stunde oder zwei lasse zu solche Schule gehen und nichts destoweniger die andere Zeit im Haus schaffen, Handwerk lernen und wozu man sie haben will. Also kann ein Maidlein so viel Zeit haben, daß es Tages eine Stunde zur Schule gehe und dennoch seines Geschäftes im Hause wohl warte.‘1

Als Martin Luther 1530 auf der Veste Coburg verweilte, da auf ihm die Reichsacht lag, hat er sich erneut mit dem Schulwesen beschäftigt. Er schreibt zu diesem Thema verschiedene Predigten, z. B. wie man Kinder zur Schule halten sollte. Er mahnte die Deutschen, die Kinder auf die Schule zu schicken:
„lch halte dafür, daß auch die Obrigkeit hier schuldig sei, die Untertanen zu zwingen, ihre Kinder zur Schule zu halten. Denn sie ist wahrlich schuldig, daß Prediger, Juristen, Pfarrherren, Schreiber, Ärzte, Schulmeister und dergl. Ämter erhalten bleiben, denn man kann deren nicht entbehren. Kann sie die Untertanen zwingen, so da tüchtig dazu sind, daß sie müssen Spieß und Büchsen tragen, auf die Mauem laufen und anderes tun, wenn man kriegen soll; wieviel mehr kann und soll sie hier die Untertanen zwingen, daß sie ihre Kinder zur Schule halten, weil hier wohl ein ärgerer Krieg vorhanden ist als mit dem leidigen Teufel.. .“2 Luther dachte dabei an die vorhandenen Lateinschulen, in denen nur die Knaben wohlhabender Leute zum Dienst an der Kirche und dem Staat ausgebildet wurden. Doch wollte er noch neben diesen die allgemeine Unterweisung für alle Kinder. Damit wurde zum ersten Mal der allgemeine Volksunterricht ins Auge gefaßt und durchgeführt. Diese Idee ließ sich natürlich nicht gleich umsetzen. Doch durch die Beharrlichkeit der Männer der Reformation ist es dann gelungen, im Laufe der Zeit den Volksunterricht bis in die Dörfer durchzusetzen. Der Volksunterricht für Knaben und Mädchen…. „fand in den deutschen Landen und Städten der Kurfürstentümer lebhaften Anklang. Philipp Melanchton, der erprobte Lehrer, trat Luther zur Seite und verfaßte 1527 den Unterricht an die Visitatoren.“3

Dieses Modell war erfolgreich, breitete es sich doch schnell aus und erweiterte damit die Lateinschulen. Damals gab es nur in Eisfeld eine Lateinschule mit zwei Lehrkräften; einem Schulmeister, der auch zugleich das Kirchenamt verwaltete und den Kantor. Mit dieser Besetzung fing das Schulwesen vor 500 Jahren in unserem fränkischen Gebiet an. Mit dem Einzug des Pfarrers Dr. Nikolaus Kindt in das Eisfelder Pfarramt sollte sich ein Schulwesen in Eisfeld und Umgegend entwickeln, wovon Generationen ihren Nutzen haben sollten. Nikolaus Kindt war ein persönlicher Freund Melanchtons und somit ein wahrer Verfechter der neuen Ideen für das Schulwesen. Jetzt dauerte es nur noch 30 Jahre, bis der Kurfürst August von Sachsen 1580 anordnete: „Es sollen auch alle Custodes und Dorfküster Schule halten und derselben täglich mit allem Fleiße, vermöge der Ordnung, abwarten, darinnen auch Knaben lernen Lesen, Schreiben und christliche Gesänge, so in der Kirche gebraucht werden sollen.“4 Daneben behielten die Küster ihre kirchlichen Aufgaben und Pflichten; sie waren also Kirchner und Schulmeister zugleich. Nach dem Vorbild der Küster- oder Mägdleinschule zu Eisfeld waren um das Jahr 1580 Küsterschulen in Stelzen, Rottenbach, Sachsendorf, Crock und Neubrunn entstanden.

Jetzt gibt es schon die ersten Visitationen, um unter anderem zu überprüfen, ob die von ,oben‘ gegebenen Anordnungen auch ausgeführt werden. In der Visitationsakte von 1583 wird der Ortsname Crock erwähnt, und es muß schon einen ersten Versuch mit einem Schulunterricht (Lehrerwohnung?) gegeben haben. So heißt es in der Visitationsakte unter Crock: „Die Schule dieses Orts ist mit einem getreuen, tüchtigen und fleißigen Mann bestellet, wider den keine Klage vorgebracht worden. Der Mangel ist befunden worden, daß die Eltern säumig sind, ihre Kinderlein zur Schule zu schicken, welches sie zu tun verheißen haben.“5 15 Schüler gingen damals schon zur Schule, wahrscheinlich nur aus Neugier, was da wohl gemacht würde?

Doch dann wurde es ernst. Soweit man weiß, wurde 1591 in Crock die Schulwohnung in und auf den Mauerring des Gottesackers gebaut und mit einem Schulmeister versehen. Das bedeutete, daß der Unterricht 800 m vom Ort entfernt auf dem altehrwürdigen Irmelsberg abgehalten worden ist. Die damals nur 100 Jahre alte Kirche war wenige Schritte entfernt. Die Schulwohnung, die dem Lehrer als Behausung und zugleich zu Unterrichtszwecken diente, wurde wohl auf dem Berg gebaut, weil außer den Kindern aus Crock auch Kinder aus Oberwind, Biberschlag, Brünn und Schwarzbach dorthin gingen. Diese wollten nicht immer den Irmelsberg hinauf- und herunterlaufen. So ist die erste und die alte Schule auf den Berg gekommen.

17 Jahre vorher (1574) war der Pfarrer vom Berg (das Pfarrhaus stand hinter der Kirche) ins Tal (Dorf Crock) gezogen, weil er es in der Einsamkeit nicht mehr ausgehalten hatte. Außerdem waren die Besorgungen und der Weg für den Geistlichen und die Gemeindeglieder sehr beschwerlich gewesen. Doch der Schulmeister war keinen Tag allein auf dem Berg. Wochentags kamen die Kinder und füllten mit ihren Stimmen die Schule, und am Sonntag kamen die Gemeindeglieder zum Gottesdienst.

Der erste Crocker Schulmeister heißt Johannes Hoffmann. Ob dieser nun schon vor der eigentlichen Gründung der Schule im Jahre 1591 in Crock tätig war oder erst sein Amt mit dem Schulneubau aufnahm, weisen die Akten nicht aus. Johannes Hoffmann ist bis 1601 als Schulmeister in Crock tätig. Sein Sohn Georg Hoffmann ist Diakon in Eisfeld. Mit Beginn der regulären Schulzeit gab es damals wie heute ein Lernziel: „Wahre Frömmigkeit zur Erkenntnis und Verehrung Gottes zu erlangen.“6 Die Unterrichtsmethode dazu war ein: „Stufenweises und bequemes Fortschreiten vom Leichten zum Schweren durch Nachahmen, Nacheifern und Übertreffen.“7 Zum Schulwesen vor 400 Jahren kann man nachlesen: „Die Schulen gleichen lieblichen Gärten, die mit mannigfaltigen Arten von Pflanzen angefüllt sind. Werden sie von den Gärtnern sorgfältig gehegt und gepflegt und gewartet, so wachsen sie schließlich zu fruchtbaren Bäumen heran und bringen süße und den Menschen heilsame Früchte. Darum soll uns allen, denen die Sorge für die christliche

Jugend übertragen ist, ganz besonders am Herzen liegen, daß wir in unserem Amt immer fromm, treu und beständig gefunden werden, die Jugend selbst durch Frömmigkeit. Sittenreinheit, unablässiges Streben und gute Beispiele recht warten und alle Ärgernisse vermeiden, damit diese Pflanzen nicht entweder durch unsere Nachlässigkeit und Sorglosigkeit oder Ärgernis verderben und vertrocknen.“8

1601 tritt dann Nikolaus Doppert das Schulmeisteramt in Crock an, und er übt es bis 1619 aus. In diesem Jahr stirbt er am 12.4. im Alter von 65 Jahren. Seine Frau stirbt am 21.2.1621 ebenfalls in Crock. Beide wurden auf dem hiesigen Friedhof beigesetzt. Ein Nachfahre lebt heute noch in Coburg. In der Dienstzeit des Herrn Doppert wurde in Crock 1608 das Kirchenregister angelegt. Damit ist dem Pfarramt bis heute eine einzigartige Sammlung von Niederschriften erhalten, die Zeugnis über das Leben der Gemeinde in 400 Jahren abgeben. Belegt sind darin auch alle Angaben über die Crocker Schule. So gab es schon 1616 eine „Außgabe zur Beßerung des Schulhauß“9 Nach dem Tode des Schulmeisters Doppert beginnt 1619 Christoph Weber seine Tätigkeit an der Schule. Er übt seinen Dienst 15 Jahre lang aus, bevor er dann nach Erfurt weiterzieht und dort auch später stirbt.

1634 übernimmt dann für 4 Jahre der Organist von Eisfeld, Herr Georg Behrold, den hiesigen Schuldienst. Nach dieser Zeit ging er wieder nach Eisfeld zurück und später nach Mitwitz, wo er stirbt.

Danach kommt Herr Johannes Eberhart, der von Breitenbach stammte, für ein Jahr (bis 1639) nach Crock. Von hier aus geht er nach Eisfeld als Organist und von da aus wieder zurück in seine Heimat Breitenbach, wo er als Kantor angestellt wird. Der häufige Lehrerwechsel in diesen ersten Jahrzehnten wird für die Kinder damals ebensowenig gut gewesen sein wie er es heutzutage wäre. Doch dann kommt endlich ein Schulmeister, der lange Jahre hier freudig seinen Dienst tun sollte. Herr Johannes Arnold lehrte von 1639 bis 1694 an der Crocker Schule. Er selbst hat seinen Lebenslauf der Nachwelt aufgeschrieben, den ich mit eigenen Worten wiedergeben möchte: Am 29. Januar 1619 bin ich, Johannes AmoId, in Meißelbach geboren. Mein Vater hieß Adam Arnold und war Forstknecht unter den Grafen von Rudolstadt. Meine Mutter war Anna, eine geborene Meisterin. In Meißelbach, und in Königsee bin ich zur Schule gegangen. Am 6. Februar 1640 wurde ich zu Crock als Schuldiener bestätigt.

In Meißelbach habe ich dann am 1. November 1641 meine Hausfrau Anna Margarethe Haraßin von Breitenbach geheiratet. Herr Pfarrer Johannes Wintzer traute uns. „Im währenden Ehestand haben wir durch Gottes Segen erzeuget 8 Kinder, als 7 Söhne und 1 Tochter. Von welchen 3 Söhne wieder verstorben. Dieses hat er aufgesetzt 1677, den 11 Juni. Derselbe ist 54 Jahr Schulmeister hier gewesen und 1694, den 4. Mart. begraben worden.“10 Sein erster Sohn Johannes Arnold war Pfarrer in Brünn und stirbt nur ein Jahr nach seinem Vater. Der 2. Sohn, Joh. Heinrich Arnold, wird Stadtschreiber zu Ummerstadt.

Dessen Sohn wiederum, ebenfalls Joh. Heinrich genannt, wird Schulmeister zu Hellingen bei Königsberg. Joh. Nicolaus Arnold, der 3. Sohn, wird Schulmeister zu Schmiedefeld, von dort kommt er 1692 nach Crock und hilft hier seinem Vater, bis er nach dessen Tode das Lehramt an der hiesigen Schule übernimmt Sein Sohn wiederum, Joh. Lorenz Arnold, wird Schulmeister zu Hirschendorf, später zu Schwarzbach und danach in Effelder, wo er auch gestorben ist Mit der Familie Arnold ist uns eine Schulmeisterfamilie vor Augen geführt, die es viele Jahre in Crock ausgehalten hat. Daß auch die Kinder mit aufgezeichnet wurden, zeigt, daß die Familie bei den Einwohnern beliebt gewesen sein muß. Der Vater selber muß einen Dienst getan haben, der seine Kinderanimierte, ebensolche Wege einzuschlagen. Von 4 Söhnen wird einer Pfarrer und 3 werden Schulmeister.

In der Amtszeit des Johannes Arnold wurde eine neue Schulordnung für das hiesige Land erlassen. Diese war sehr umfangreich und griff in alle Schul- und Lebensbereiche ein: „Alle Kinder, Knaben und Mägdlein, so wohl in Dörffern, als in Städten, sollen, sobald sie das fünffte Jahr ihres Alters zurückgelegt, in die Schule auf die von der Cantzel geschehene Abkündigung, davon bald hernach folget ohne Auffenthalt geschicket und darbey so lange biß sie was ihnen zu wissen nöthig ist und nachgehends Stückweise erzehlet wird gelernet haben und zwar nicht nur im Winter sondern auch im Sommer beständig gelassen und nicht auß eigener Willkühr davon abgezogen viel weniger gar herauß genommen werden biß sie auf geschehene Erforschung von den Vorgesetzten zur Loßzehlung wie darvon unter Cap. 13 Nachricht zu finden tüchtig erachtet worden und ordentlich abgedancket haben.“11

Und an anderer Stelle heißt es: „3. Die Schulen auf dem Lande und in den Städten wo keine besondere Schul-Inspectores sind sollen sie öfters besuchen und Achtung geben wenn die Praeceptores und Schulmeister ihre Stunden unfleisig halten und unter der Schul Zeit andern Geschäfften nachgehen oder sonst unzeitig Ferien machen; Wenn die Schuljugend Knaben und Mädelein entweder hinter der Schule hingehen oder allzu langsam in die Schule kommen; Wenn Eltern die Kinder an Besuchung der Schule hindern und davon abziehen; Vor der Dimission eigenthätig herauß nehmen oder auch nach der Dimission der General- und Special-Visitationen hinterlassener Verordnung zu wider handeln. Worbey besonders auch auf die armen Waisen ein Aug zu haben wenn etwa Selbige von ihren Vormündern und die an deren statt sind nicht zu Kirchen und Schul gezogen und sonst ins gemein nicht recht in acht genommen werden.“12

Im Jahr 1720 kommt dann der Schulmeister von Hirschendorf, Herr Heinrich Friedrich Fleischhauer, nach Crock. 10 Jahre später (1730) übernimmt er das Schulmeisteramt in Schnett. Im Laufe der Zeit werden in den umliegenden Gemeinden selbst kleine Schulen gegründet, um den Kindern den langen Weg nach Crock zu ersparen, der damals nicht gerade ungefährlich gewesen ist. Hinzu kam auch, daß die Kinderzahlen wuchsen und ein Lehrer allein die große Zahl der Schüler nicht mehr bewältigen konnte. Der Dienstplan für die Schulmeister (wochentags Lehrer und sonntags Kantor) aber blieb auch nach der Aufteilung der einzelnen Dorfschulen erhalten.

Für die 1. Klasse:
„Catechismus gantz
Kurtz B. gantz
Christl. Lehrpuncte biß auf Sprüche gantz
durch Psalme alle
Lesen: gedruckts Brife
Schreibe
Rechnen biß uf R. de Tr. Singen
Figural
Mores“13

Für die 2. Klasse kam hinzu:
„Catechismus durch die sechs Haupt-Stück
Numeriren
Choral“14

Für die 3. Klasse zusätzlich:
„Die blossen Worte des Catechismi gantz
Syllabieren“15

Die Oberhoheit über die Schule hatte die Kirche, ging doch von ihr die Idee der Volksschule aus, und sie besoldete mit ihrem kargen Einkommen die Lehrer. So sorgten beide, der Pfarrer und der Lehrer für die christliche Erziehung und die allgemeine Bildung der Kinder und Jugendlichen. Diese Gemeinsamkeit hat die Erziehungsarbeit vorangetrieben und viele gute Früchte getragen.

1730 kommt dann der Lehrer Herr Andreas Bauer von Schwarzbach nach Crock als Schulmeister. Mit ihm kommt ein Mann in die hiesige Schule, der es besonders gut verstand, mit Kindern umzugehen. Von diesem Lehrer haben wir eine in Stein geschriebene Aufzeichnung, nämlich seinen Grabstein, der viele Jahrzehnte in der Ringmauer der Kirche befestigt gewesen war, aber 1985 vorbeugend gegen den Verfall seinen Platz an der Nordwand in der Kirche erhielt. Die Beschriftung auf diesem schönen Barockstein gibt sein Leben in einmaliger Form wieder: Oben im Kranz des Steines sind die Abbildungen seiner Kinder ausgemeißelt und darunter steht: „3 Weiber“.16 Dann folgt der Text: „Unter diesem Stein ruht der… wohl ehren geachtete Herr Schulmeister Andreas Bauer, welcher 1693, am 11. 6. zu Brattendorf geboren worden. 1716 wurde der als Schuldiener nach Schwartzbach befördert und anschließend 1730 nach Crock. Hat also in dem mühseligen und beschwerlichem Schulamt gestanden auf die 52 Jahr. Nach einer 5-wöchentlichen Krankheit hat er seine Seele geliefert in die treuen Hände seines Vaters im 75. Jahr seines Lebens und ist gestorben am 3. Pfingstfeiertag. Leichentext Jesaja 49 3,4“.17

Dieser Grabstein heißt im Volksmund der „Drei-Weiber-Stein“. Keiner konnte mir erklären, woher dieser Stein den Namen hatte, außer daß ja oben ,,3 Weiber“ stand. Beim Herauslösen aus der Mauer 1985 kam auf der Rückseite dieses Steines der Lebenslauf der 3. Ehefrau zum Vorschein. Dieser lautet: „Daneben liegt auch begraben deren im Leben liebgewesene 3. Ehefrau, Frau Anna Margaretha, eine geborene Reschin, von Oberlind gebürtig mit welcher er 1726, den 13. Juli, in der Kirche zu Schwarzbach copulieret woselbst sie als Köchin in dem hochadel. Schloß gestanden. 1758 ist sie nach 8-tägiger Krankheit seelisch verschieden. Ihres Alters 57 Jahr und 4 Mon.“18 Andreas Bauer ist in hohem Alter von 75 Jahren durch „ermattete Kräfte“ gestorben. Jedoch sein Sohn, Johann Wilhelm Gotthilf Bauer, ältester Sohn aus der 3. Ehe wird noch zu Lebzeiten des „treufleißigen“19 Vaters der Schule zu Crock zugeordnet, um sie dann nach dem Tode des Vaters als Schulmeister ganz zu führen. Auch er arbeitet in Crock 52 Jahre lang. Am 15. Juli heiratet er die Jungfrau Anna Margaretha Carl aus Crock. Sie stirbt am 22.8.1782 im Alter von 51 Jahren. Dieser Schulmeister muß von der Dorfbevölkerung geliebt worden sein, war doch der damalige Pfarrer Karl August Wedemann voll des Lobes über ihn. So lesen wir im Sterberegister: „…ein Wittber und in die 52 Jahr allhier treufleißig gewesener Schul- und Kirchendiener; ein Mann, der mit dem Lob und dem Ruhme eines geschickten Tonsetzers und Componisten und besonders einer der geübtesten Orgel- und Saitenspieler unter dem allgemeinen Betrauern ins Grabe sank. Ihm verdankte die Kirche manche Erhebung des Singens, da er seine erworbene Geschicklichkeit am liebsten da zeigte, wo die Ehre Gottes dadurch verherrlicht wurde und eben aus dem Grunde die erwecklichsten Kirchengesänge zu Musik-Texten gebrauchte, wodurch er viel Erbauung stiftete… Sein Alter hat er gebracht auf 69 Jahre, 7 Monate und 9 Tage. Seine Krankheit war die Auszehrung.“20

Direkte Nachfahren leben heute in Eisenach. In seine Amtszeit fällt auch der Blitzschlag in die Kirche am 6. Sonntag nach Trinitatis 1764. Es war ein wunderschöner Morgen, und der Gottesdienst war gut besucht. Plötzlich braute sich aus heiterem Himmel ein Gewitter zusammen, das dann so vernichtend die Crocker Gemeinde heimsuchte. 5 Personen wurden damals während des Gottesdienstes getötet und über 20 Personen zum Teil schwer verletzt. Die Schule, die ja in unmittelbarer Nähe stand, wurde nicht beschädigt und konnte somit sofort als Notlazarett dienen. Hier wurden die Verletzten behandelt und die Toten aufgebahrt. Am Sonntag darauf fand der Beerdigungsgottesdienst statt, welcher als Trauerzug im Ort begann:

„Die Gemeinde zu Crock gehet

1) in procession in die Kirche, so daß die beiden Herrn Pfarrer mit dem Herrn General-Superintendenten vorangehen, und ihre Herde führen. Unmittelbar hinter ihnen gehen die vom Donner gerührten und etwas wieder genesenen Personen als lebendige Zeugen der Allmacht und Vorsorge Gottes, welches aber nur Egidius Lutz befolgen können. Sodann folgen die ganze Schule die Manns-Personen und zuletzt die Weibspersonen.

2) Bey der Procession vom Pfarr-Hause an wird das Lied angestimmet: Wer weiß wie nahe mir mein Ende: und bis zu den Gräbern der 5. Todten gesungen…“21

Als nun 1801 der Schulmeister zu Grabe getragen wird, nimmt Herr Carl Geier als Schullehrer und Cantor seinen Dienst in Crock auf. Er wird am 14.7. 1766 in Neustadt geboren und war dann ab 1792 Lehrer in Oberneubrunn. Er kommt zunächst allein nach Crock, bevor er die Familie nachholt. Er kann 33 Jahre lang seinen Dienst als Lehrer versehen, dann muß er aus Gesundheitsgründen aufhören. Die letzten 12 Jahre seines Lebens verbringt er als blinder Mann, bevor er im hohen Alter von 79 Jahren an Altersschwäche und Schlagfluß stirbt.

Seine Frau Sophie Elisabeth war schon 1824 im Alter von 57 Jahren in Crock verstorben. Das Ehepaar Geier schenkte 4 Kindern das Leben. Die jüngste Tochter, Eleonora Friedericke, wird am 6. März 1803 noch in Neustadt geboren. Sie heiratete am 14. November 1837 den inzwischen in Crock angestellten Junggesellen und Lehrer Johannes Nicolaus Reuther, der aus Ebenharz stammte. Aus dieser Ehe gingen 2 Kinder hervor: Johann Heinrich, geboren am 19.7.1838, und Johanna Susanna, die am 6. 7.1840 geboren wird. Letztere heiratet 1865 den Lehrer von Sachsendorf, Herrn August Christian Langguth, der aus Harras stammte. Die Lehrerfamilie Reuther muß dann von Crock verzogen sein, denn es finden sich keine Nachrichten mehr.

Nachdem nun der Lehrer, Herr Reuther, verzogen war, werden die Nachrichten über die Nachfolger spärlicher. So findet sich aber eine Notiz in den Akten, die auf eine ungewöhnliche Art der neuen Lehrer benennt.

1870 hatte sich die Gemeinde Crock, Oberwind mit Waffenrod-Hinterrod für ihre St.Veits-Kirche eine neue große Glocke angeschafft, die dann in einem der beiden Weltkriege wieder eingeschmolzen werden mußte.

Die Inschrift dieser Glocke lautete:

„Ehre sei Gott in der Höhe“
Schultheißen: Götz, Crock
Kempf, Pfarrer
Dreßel, Oberwind
Kramer, Lehrer
Frischmann, Hinterrod
Löffler, Waffenrod

und auf der Rückseite: Gott erhalte das Kirchspiel Crock.“22

1879 wurde durch den Gemeindevorsteher eine Schulglocke aus Bronze gestiftet, die die feierliche Einweihungshandlung der neuen Schule im Ort am 2. November 1879 eröffnete. Die Nachrichten darüber sind spärlich, hat es doch wegen des neuen Standortes so lange Streit zwischen den dazugehörenden Dörfern gegeben, daß das extra dafür angeschaffte Bauholz einmal verfault sein soll. Die Inschrift der Glocke lautet:

„Gruß von Gebr. Ulrich in Apolda 1879 –
Lasset die Kindlein zu mir kommen, spricht der Herr –
Joh. Nic. Fischer – Ortsvorstand zu Crock“.

Morgens und mittags wurde sie von einem Kind geläutet, damit alle Schüler wußten, wann der Unterricht beginnt und endet. Außerdem wurde den Bauern auf dem Feld die Mittagspause angezeigt. Abends um 18 Uhr läutete dann die Kirchenglocke zum Gebet

Unter den Einnahmebelegen der Schule steht ebenfalls als Unterschrift: Friedrich Kramer, Lehrer. Er muß nur kurz dagewesen sein, denn auf den Einnahmebelegen taucht schon ein paar Jahre später, Anfang 1880, ein neuer Lehrername auf: Herr Voigt.

Aber mit dem Jahr 1892 läßt sich wieder genauer sagen, welcher Lehrer die Erziehung der Kinder fest in den Händen hält Das Seelenregister von Crock beginnt in diesem Jahr mit dem Namen des damaligen Lehrers: Georg Christian Richard Anders, welcher am 13. Juli 1867 in Römhild geboren wurde. Am 21 Juni 1891 heiratete er dann das Fräulein Elisabeth Meta Mann aus Crock, welche am 1.Oktober 1873 hier geboren wird. Leider ist die junge Frau nicht alt geworden. In Bibra ist sie am 4. Mai 1903 verstorben. Aus dieser Ehe gingen zwei Söhne hervor: Armin Albrecht Emil Walter, geboren am 31.1.1893 in Crock, und Max Hugo Felix, geboren am 27.12. 1894, ebenfalls hier in Crock. Die beiden Eckdaten: das Hochzeitsdatum, sowie das Bestattungsdatum der Ehefrau bezeugen wohl, dass der Lehrer Anders von 1891 bis 1902 in Crock Dienst getan hat. Anzunehmen ist auch, dass Herr Anders als erster Lehrer schon in die neue Schule, gegenüber dem Pfarrhaus, einziehen durfte.

Die alte Schule, die nun der Kirche gehörte, wurde von dieser als Küsterei genutzt. Am 17. Juli 1907, so belegt es das Kirchenprotokollbuch, ist diese Küsterei, also das alte Schulgebäude, völlig abgebrannt. Der Kirchenvorstand beschließt daraufhin, daß dieses Gebäude nicht mehr auf dem alten Platz aufgebaut werden soll, sondern unterhalb der Westmauer, direkt an der Hohen Straße über den Thüringer Wald. Welche Gründe für diese Entscheidung ausschlaggebend waren, ist nicht bekannt. Vermutlich hat dieses Gebäude einmal die Sicht auf die Kirche genommen, denn der Baumbewuchs war damals nicht so hoch wie heute, und zum anderen wurde die freiwerdende Fläche für den innerhalb der Mauer liegenden Friedhof dringend gebraucht. So wurde eine neue Küsterei innerhalb kürzester Zeit auf die Stelle gebaut, auf der sie noch heute steht. Bis in die achtziger Jahre wohnte darin der Küster.

Nach dem Weggang des Lehrers Anders wird der seit dem 16. 9.1892 ebenfalls in Crock tätige Lehrer Herr Wilhelm Heinrich Schmidt nunmehr Erster Lehrer an der Schule. Er wurde am 18.3.1857 in Salzungen geboren, erlernte den Beruf eines Lehrers und begann seine Tätigkeit am 8.11. 1876 in Steinbach, wechselte am 6. November 1886 nach Oberwind und übernimmt am 16. 1. 1892 das Lehramt in Crock, das er bis zu seinem Tode behält.

1909 findet sich in der Chronik ein zu Herzen gehender Eintrag: „Am Donnerstag, dem 1. April, vormittags 8 Uhr verschied unser lieber Kantor Schmidt im 52. Lebensjahr. Wir haben ihm in der Dorfzeitung und in der Eisfelder Zeitung nachstehenden Nachruf gewidmet: Einen herben Verlust haben wir durch den so plötzlichen Tod unseres verehrten Herrn Kantor und 1. Lehrers Wilhe1m Schmidt erlitten. Fast 17 Jahre hat er als Lehrer, Kantor und Organist seine ganze Kraft unserer Schule und Kirche gewidmet. Tatkräftig und gewissenhaft hat er seines Amtes gewaltet und sich durch Pflichteifer und Biederkeit seines Wesens die Sympathie aller erworben. Sein Andenken werden wir allezeit in Ehren halten. Der Kirchen- und Schulvorstand und Gemeinderat. Am Sonntag, Palmarum, den 4. April, nachmittags 1 Uhr wurde er unter zahlloser Beteiligung zur Ruhe bestattet. Am Grab widmete Herr Schuldirektor Wölfing aus Eisfeld im Auftrag des Bezirkslehrervereins einen Lorbeerkranz mit schönen zu Herzen gehenden Worten. Ich predigte in der Kirche über Jer. 3,15 und Apoc. 2,16. Der Lehrerverein sang am Grab ein Lied. Seine Ruhe hat er gefunden an der Südseite der Kirche. Er ruhe in Frieden. Kantor Schmidt war ein guter Mensch, auch mir ein lieber Freund, er gehörte der alten gläubigen Schule an, bescheiden, einfach, nicht wie jetzt so vielfach die jüngeren Lehrer aufgeblasen und ungläubig oder unkirchlich.“23

Schulklasse Crock

Schulklasse Crock

1910 wird an die neue Schule zusammen mit einer Lehrerwohnung ein 3.Lehrsaal angebaut In dieser Zeit (1904/05) kommt ein Lehrer nach Crock, der in seiner Art und Weise ganze Generationen im positiven Sinne prägen sollte. Geboren wurde Herr Robert Beez am 15. September 1883 in Schnett. Er hat von der ersten Minute seines Dienstes an die Geschicke der Erziehung sowie den Dienst als Cantor und Chorleiter fest in der Hand. Noch heute wird anerkennend über diesen Lehrer in der Bevölkerung gesprochen. In seiner Ehe werden 2 Kinder geboren. Der Sohn fällt im 2.Weltkrieg, und die Tochter, genannt „Schulirmgard“, wird Lehrerin in Schwarzbach, scheidet aber nach dem Krieg 1945 aus dieser Tätigkeit aus und dient der Kirche als Organistin, bis kurz vor ihrem Tode im Jahre 1989.

Zur Generalvisitation 1913 lesen wir in der Eisfelder Zeitung: „… nachdem die Oberkirchenbehörde in der Kirche Platz genommen hatte, trug Herr Lehrer Beez mit seinem Kirchenchor das köstliche Lied von Bortniansky vor: ,Komm heilger Geist‘.

Der Gesang, der die ungeteilte Anerkennung des Herrn Musikdirektor Meininger-Salzungen fand, trug viel zur Erhöhung der Andacht bei.“24 Des weiteren lesen wir in einer Randnotiz 1924: „Lesegottesdienste werden jeden Sonntag Nachmittag abgehalten, im Winterhalbjahr, wenn der Pfarrer nachmittags in Hirschendorf Gottesdienst hält, alle zwei Wochen durch den Lehrer, sonst durch den Pfarrer.“26 Herr Robert Beez versieht seinen Dienst als Lehrer bis zum Ende des 2. Weltkrieges. 1955 scheidet er als Organist, Kirchenältester und Chorleiter aus: Am 17. Januar 1958 wird er heimgerufen. Er gehörte im Leben zu der Lehrergeneration, die, geprägt von ihrem christlichen Glauben, die Kinder erzog.

1914 bricht die Kirchenchronik ab. Es gibt keine Nachrichten aus Kirche und Schule mehr. Ob aus Angst vor Repressalien, eventuellen Hausdurchsuchungen oder ähnlichem ist ungewiß. Außerdem löste sich die Verbindung von Kirche und Staat ganz auf, sind doch mit dem Ende des 1. Weltkrieges Thron und Altar auseinander gebrochen. Nun galt es unter den veränderten Bedingungen für das Schulwesen neue Wege zu finden. Die Chronik beginnt erst wieder, als 1948 der hiesige Ortspfarrer Herr Grambs aus englischer Kriegsgefangenschaft nach Crock zurückkehrt.

War es schon zur Zeit des Nationalsozialismus schlimm, was in die Köpfe der Kinder an Gedankengut kam, wurde es nach dem 2. Weltkrieg, im Zeitalter des Sozialismus, nicht besser. Pfarrer Grambs hat dies in vorsichtiger Weise festgehalten. So ist 1955 zu lesen: „Das Jahr 1955 brachte die harte Auseinandersetzung zwischen Kirche und SED-Partei-Stellen in der Frage Konfirmation – Jugendweihe. Nach den Auseinandersetzungen im Juni 1953, die zu einer Vereinbarung mit den Kirchen führten, in denen den Kirchen wesentliche Rechte, besonders die Sammlung der christlichen Jugend zugestanden worden war, wurden jetzt wieder von Seiten der Staatspartei (SED) die Zügel straffer angezogen. Als ein Kampfmittel gegen die Kirche wurde die Jugendweihe eingeführt; sie sollte wieder gefeiert werden wie ehedem, d. h. wie in den 20er Jahren. Damals aber war die Jugendweihe eine kultische Veranstaltung der Freidenker, die den nicht zur Kirche gehörenden Kindern und Eltern einen Ersatz für die Konfirmation bieten sollte. Wenn nun für diese Jugendweihe alle Kinder, auch die christlichen, genommen werden sollten, so konnte sich die Kirche damit nicht einverstanden erklären. Es kam zu Auseinandersetzungen, die bis in die Gemeinden ihre Wogen schlugen. Auch hier kam es zu langen grundsätzlich geführten Diskussionen zwischen Pfarrer und Gemeindekirchenrat einerseits und Bürgermeistern und Schulleitern andererseits. Auch der Gemeinde wurde in Ansprachen die Sachlage klargestellt So hatten auch die Jugendweiheausschüsse im Kirchspiel keinen Erfolg. Alle Kinder nahmen an der Konfirmation teil, lediglich ein Kind nahm noch nachträglich an der Jugendweihe teil.“26

Drei Jahre später ist zu lesen: „In diesem Jahr wurde hier in Crock zum ersten mal eine selbständige Jugendweihe durchgeführt, weil der Schulleiter für seine Töchter, die nicht am Christenlehre- und Konfirmandenunterricht teilgenommen hatten, eine Feier haben wollte. Auch einige der vorher konfirmierten Kinder nahmen daran teil, weil der Druck seitens der Veranstalter gegenüber den Kindern und Eltern, auch hinsichtlich der Berufsausbildung, ungeheuer verstärkt worden war. Im ganzen kann aber gesagt werden, daß die aus kirchlichen Kreisen stammenden Teilnehmer nicht für das Freidenkertum gewonnen wurden, sondern wie bisher treu am kirchlichen Leben teilgenommen haben. Sie haben die Jugendweihe als ein lästiges aber nicht zu vermeidendes Übel angesehen. Wie wird es in Zukunft sein?“27

1960 vermerkt Pfarrer Grambs in der Chronik:

„Allerdings muß man auch sagen, daß hinsichtlich der Jugendweihe unsere Gemeindeglieder den Weg des geringsten Widerstandes gehen! Es bleibt daher nur der eine Weg, die Gemeindeglieder durch die immerwährende Gegenüberstellung in ihrem Glauben zu bestärken. Ein Mädchen hat die Jugendweihe abgelehnt und ist stark geblieben. Nachteile sind ihr daraus nicht erwachsen; sie besucht die Oberschule. Das sollten sich die Gemeindeglieder merken, daß ein aufrechter Christ immer seinen Weg gehen kann!“

Im Jahr 1961 erschüttert ein tragischer Unglücksfall den Ort. Der Lehrer Karl Gustav Fulde, der am 20.2.1900 in Schweinhaus / Schlesien geboren und durch seine Umsiedlung nach Crock hier Lehrer wird, verunglückte während eines Ernteeinsatzes am 2. 9.1961 tödlich und wird kirchlich bestattet.

1962 schreibt der Ortspfarrer: „Die Taufe ist bis auf einen Fall nicht verschmäht worden, hier handelt es sich um einen evangelischen Lehrer, der unter dem Einfluß seines Vorgesetzten sein 2. Kind der Lebensweihe zuführt… Am Konfirmandenunterricht nehmen alle dafür in Frage kommenden Kinder teil; allerdings muß gesagt werden, daß ebenso die Kinder an der Jugendweihe teilnehmen, obwohl von Anfang an Kinder und Eltern auf die Unvereinbarkeit hingewiesen wurden. Es haben bisher nur ganz einzelne die Jugendweihe abgelehnt. Daß die Eltern in die Jugendweihe einwilligen, liegt daran, daß sie zu wenig Zivilcourage haben, sie wählen den geringsten Widerstand; sie fürchten Zurücksetzungen in der Ausbildung und schulischen Fortbildung ihrer Kinder, allerdings auf unsere Verhältnisse angewandt z.T. nicht zu Unrecht, weil seitens der Schulleitung massiver Druck ausgeübt wird.“29

Gleichzeitig gibt er auf dem Pfarrkonvent einen Bericht zur Lage zwischen Kirche und Schule in Crock: „Das Verhältnis zur Schule wird durch den Schulleiter getrübt, der zwar zur Kirche gehört, grundsätzlich aber seine Kirchensteuer seit Jahren verweigert, der, aus welchen Gründen auch immer, sich scheut, aus der Kirche auszutreten, obwohl er seine Kollegen offen zum Kirchenaustritt aufgefordert hat, der auch von der materialistischen Weltanschauung aus mit offenen und versteckten Angriffen gegen Kirche und Christentum seinen Unterricht hält. Durch ihn gestaltet sich die Haltung der übrigen Lehrer zwar nicht ablehnend, aber ängstlich zurückhaltend.“30

Von 1961, bis 1977 fehlen in der Kirchenchronik wieder jegliche Eintragungen zur Schule, so daß ich erst wieder über Ereignisse während meiner Amtszeit berichten kann. 1980 kam ich als Pfarrer nach Crock. Zu der dem Pfarrhaus gegenüberliegenden „Juri-Gagarin-Oberschule“ war ich von Anfang an um ein gutes Verhältnis bemüht. Als unsere 1. Tochter 1983 in diese Schule kam, zeigte sich jedoch, daß meine Bereitschaft, im Elternaktiv mitzuarbeiten, auf Ablehnung stieß und die „Wahl“ durch die Genossen (Eltern und Lehrer) manipuliert wurde. Die Mitarbeit scheiterte also, und die Genossen unter den Lehrern versuchten, die Schüler von der Kirche fernzuhalten. So wurden oftmals die Kinder aufgefordert, sich nicht konfirmieren zu lassen, wenn sie z. B. den Lehrerberuf ergreifen wollten. Terminüberschreitungen zu den im Pfarrhaus abgehaltenen Christenlehrestunden gab es häufig. Außerdem gehörte es zu den Aufgaben der Schule, gewachsene kirchliche Traditionen im Dorf durch sozialistische zu ersetzen. Diesem Austausch fielen z. B. Erntedankumzüge, Kirmesfeste und letztlich auch das Läuten der Schulglocke zum Opfer. In den fünfziger Jahren wurde der Glockenstuhl vom Schuldach abgerissen.

Neuer Glockenturm für Schulglocke 1990

Neuer Glockenturm für Schulglocke 1990

Eine „moderne Klingel“ übernahm nun das Einläuten der Schulzeiten. Die Glocke selbst verschwand auf dem Dachboden und geriet in Vergessenheit. Erst als ich versuchte, die Glocke für die Kirchgemeinde zu pachten, um die Gottesdienste im Pfarrhaus damit einzuläuten, erwachte allgemeines Interesse. Mein Antrag wurde vom Rat der Gemeinde (hauptsächlich CDU- und SED-Mitglieder) abgelehnt mit der Begründung, daß damit keine kirchlichen Jugendtreffen eingeläutet werden dürften. Davor hatte man offenbar Angst. Eines Nachts war die Glocke dann verschwunden. Später stellte sich heraus, daß die Freiwillige Feuerwehr von Crock die Glocke versteckt hatte, um sie für den Ort zu erhalten, da der Schuldirektor sie in ein Museum geben wollte. Meine Idee, den Schulneubau 1989 auch als Anlaß zu nehmen, die alte Schulglocke wieder aufzuhängen, wurde durch den neuen Bürgermeister unterstützt. Die Wende machte es möglich. Herr Helmut Pfötsch unternahm alles, um einen Glockenturm bauen zu lassen und die alte Glocke wieder herzurichten. Der Ortspfarrer läutete damit am 1. September 1990 das neue Schulzeitalter und am 3. Oktober 1990 die Einheit Deutschlands ein. Was hatte der Sozialismus nach 40 Jahren erreicht? Nichts! Die Glocke wird jeden Morgen durch Schüler der 8. Klasse wieder zum Schulbeginn geläutet. Durch eine Kampfabstimmung wurde nach der Wende auch der Name der Schule geändert. „Juri-Gagarin-Oberschule“ hieß sie einmal, nun trägt die neue Schule wieder den alten Namen: „Crocker Schule“. Schulleitung und Lehrerschaft allerdings überstanden die Wende „unbeschadet“.

Das gute Verhältnis zwischen Schule und Kirche bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war für die geistige Entwicklung der hiesigen Menschen sehr fruchtbringend. Über Jahrhunderte wurden die Kinder im christlichen und humanistischen Sinne erzogen. Danach wurde die Schule sowohl im Nationalsozialismus als auch im Sozialismus für ideologische Zwecke mißbraucht.

Trotzdem hat es auch in diesen Zeiten Lehrer gegeben, die praktizierende Christen geblieben sind und dafür auch Benachteiligungen und Anfeindungen aushielten. Solche Lehrer haben Schülern ein Beispiel gegeben und Mut gemacht, unbeirrt ihren Weg zu gehen und trotz allem ihren Glauben zu bekennen. Das ist eine große Gnade Gottes gewesen. Wir dürfen uns für die Zukunft wünschen, daß es wieder Lehrer gibt, die mit ihrer ganzen Liebe, mit Menschenkenntnis und Verstand ihren Dienst tun, die aus den Fehlern der Vergangenheit lernen, damit die Kinder nie mehr zur Doppelzüngigkeit und Rückratlosigkeit erzogen werden, sondern wieder mit Freude in die Schule gehen können.

Ich wünsche der alten, neuen Schule für die nächsten 400 Jahres Gottes Segen.

Crock, im Jahr des Herrn 1991
Pfr. Johannes Ziegner, 1980-1994

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Anhang

Zum Pfarrspiel Crock gehören Oberwind, Waffenrod-Hinterrod und Hirschendorf.
Zu deren Dorfschulen fand ich folgende Notizen:

In Hirschendorf gingen vor ca. 150 Jahren fast 40 Kinder in die Schule und auch sonntags mit zum Gottesdienst. Während der Predigt hatte der Dorflehrer die Aufgabe, in dieser kleinen Kirche unter den Schülern für Ruhe zu sorgen. In einer alten Hausbibel, die einer Hirschendorfer Familie gehört, las ich folgenden Eintrag: „Abschiedsdank. Bei dem letztenmal Lesen des Schullehrers Müller zu Hirschendorf am 10. 2. 1811. Das wär nun also das letztemal gewesen, daß ich hier an dieser heiligen Stätte das Wort Gottes verlesen hätte. Dank sei dir, du allgütiger Vater im Himmel für deine Güte und Treue, die du mir in den 14 Jahren, da ich hier als Lehrer war, täglich erweiset hast. Ob du mir schon manchmal ein Kreuz aufzulegen drohtest, so halfst du mir dasselbe immer tragen und erleichtern so, daß ich immer mit freudigem Herzen sagen konnte: Gott legt uns eine Last auf, aber er hilft uns auch wieder. Nun liebe Freunde, nehmt von mir den innigsten Dank, welchen ich euch heute zum Abschied bringe, nämlich den Dank für eure Liebe, die ihr mir in den 14 Jahren, da ich bei euch gewesen, zu mir gehabt, und wie ich hoffe und wünsche, zu mir haben werdet, wenn ich auch nicht mehr unter euch bin, ich weiß und bin überzeugt, daß eure Tränen zeugen hier von, daß ihr mich lieb gehabt. Ich gehe nun an einen anderen fernen Ort, aber glaubt gewiß, daß ich euch, so lange mir Gott das Leben schenkt nicht vergessen werde und euch jede Zeit in meinem Gebet, daß ich nun bald in einem anderen Gotteshaus verrichten muß, mit einschließen werde. Nun zum Beschluß nur noch ein paar Worte: Liebe Jugend, die du bei mir in die Schule gegangen, folget jederzeit, so lange ihr lebt, meinen Lehren, die ich euch so oft gab, haltet fest an Gottes Wort, laßt euch ja nichts vormachen, glaubt an Gott und Jesus, so werdet ihr ruhig und glücklich und einst dort selig werden und wie froh werden wir alle dann sein, wenn wir einst dort zusammen kommen, und ich zu dem Richter der ganzen Welt sagen kann: Hier sind die deinen, welche du mir zu lehren anvertraut hast, ich habe derselben keinen verloren. Laßt mich nun schließen, ich kann nicht mehr, mein Herz blutet mir, daß ich sagen muß: Lebt wohl, lebt ewig wohl und vergeßt euren .Freund nicht.“31

In Waffenrod beginnt 1910 der Neubau einer 2. Schule. Die alte muß zu klein und völlig abgenutzt gewesen sein. Schon 1894 mußte eine alte durch eine neue Schule ersetzt werden. Dazu lese ich in einerm Kirchenvorstandsprotokoll: „Es wird über den Abbruch und den Wiederaufbau der alten Schule beraten und durch Stimmenmehrheit beschlossen, daß der Abbruch an einen Arbeitgeber und dergleichen der Wiederaufbau an einen Arbeitgeber auf dem Submissionswege vergeben werden soll. Der … Termin für den Abbruch wird auf Donnerstag den 26. Juli 1894 abends 6 Uhr anberaumt und durch Ausklingeln in den einzelnen Dörfern bekannt gegeben. Nachdem der Abbruch geschehen und alles vorhandene Material beseitigt worden, soll ein Kostenvoranschlag ausgefertigt werden. Die Abbruchbedingungen sind folgende:

1. Derjenige, welcher das Niederreißen der alten Schule übernimmt, muß selbständiger Unternehmer, Arbeitgeber sein, so daß er für die Unfall-, Alters-, Invaliditäts- und Krankenversorgung seiner Arbeitnehmer aufkommen kann. Die Kirchgemeinde übernimmt keinerlei Verpflichtungen und Verbindlichkeiten.“32

Für Oberwind fand ich folgende Notiz:

„N. B. Am 9.12.1840 wurde der erste Schullehrer, Namens Christoph Hopf aus Heubach in der oberen Etage des Hauses Nr. 6 eingewiesen. Am 15. Dezember ist derselbe, unter Musikbegleitung, hier eingezogen, jedoch waren die meisten Nachbarn mit der Anstellung eines neuen Schullehrers noch immer nicht in Zufriedenheit gebracht. Am 17. Dezember wurde mit den Kindern aus Oberwind die erste Schule gehalten… Noch in den letzten Tagen des Jahres 1840 wurden in die Schule angeschafft, ein Tafelgestell, eine Tafel, eine Seite schwarz und die andere mit Notenlinien versehen und 9 Stück Tintenfässer.“33

Lehrer in Oberwind waren:

Barth, Ferdinand, Schullehrer in Oberwind um 1879

Bauer, Georg Albert, geb.18. 7.1865, versetzt nach Hildburghausen, Ostern 1902, verh. am 23. 2.1888 mit Mathilde Emma Deipser, geb. 3.10.1864 in Eisfeld, gest. am 26.8.1934.

Langguth, August Christian aus Sachsendorf, verh. mit Ernestine geb. Schmidt, Sohn Leonhard Rudolf, geb. 1873.

Luther, Friedrich Magnus Gotthelf, geb. am 8.11. 1870 in Heubach, verh. am 30. 1.1893 in Haina mit Luise Frieda Karl, geb. am 3.1.1875 in Haina. Söhne: ütto Friedrich Alexander, geb. in Haina am 8. 11. 1893 und Armin Franz Walter, geb. am 29. 6. 1902.

Henn, Franz Otto Ernst, geb. am 18. 9. 1910 in Gießübel, am 3. 5. 1942 in Biberschlag verh. mit Elli Dora Lutter, welche am 25. 5. 1922 in Heubach geboren wurde. 2. Kinder: Helga Gisela, geb. am 9. 10.1943 in Coburg und Reinhard RolfDieter, geb. am 18. 5.1946 in Oberwind.

Bieberbach, Walter Fritz, geb. am 23.10.1919 in Biberschlag, verh. am 5.1.1947 in Crock;

Gerda Margarete Günther, geb. am 16.1.1925 in Oberwind. 2 Kinder: Werner Helmut, geb. am 17. 9.1947 in Oberwind und Dieter Wilhelm Karl, geb. am 13. 9.1949 in Oberwind und am 25. 11. 1949 dort verstorben.

Anmerkungen

1) Dahinten, Geschichte der Heimat, II. Teil, S. 114/115
2) Ebenda, S. 115
3) Ebenda, S. 115
4) Ebenda, S. 129
5) Ebenda, S. 129
6) Ebenda, S. 125
7) Ebenda, S. 125
8) Ebenda, S. 123
9) Ev. Pfarramt Crock, Volstendige Jahrrechnunge 1616
10) Krauß, Beyträge der… Kirchen-, Schul- und Landes-Historie 1753, S. 337
11) Schulordnung von 1685, S. 227
12) Ebenda, S. 347
13) Dahinten, Geschichte der Heimat, II. Teil, S. 132
14) Schulordnung von 1685, S. 318 a, Schultabelle
15) Ebenda, S. 318 a, Schultabelle
16) Kirche Crock, Grabstein
17) Ebenda.
18) Ebenda.
19) Bestattungsbuch Crock 1768, Bd. 2, S. 121
20) Ebenda., 1801, 27.1.
21) Kern, Eine Stimme vom Himmel, S. 20
22) Bausachen, Restaurierung der Kirche III, 1908-1909
23) Aus der Kirchenchronik von Pfarrer F. Goepfert, 1909
24) Ebenda, 1913
25) Ebenda, 1924
26) Aus der Kirchenchronik von Pfarrer K. Grambs, 195
27) Ebenda, 1958
28) Ebenda, 1960
29) Ebenda, 1962
30) Ebenda, 1962
31) Familienbibel in Hirschendorf
32) Aus der Kirchenchronik von Pfarrer F. Goepfert, 1894
33) Lose Aufzeichnungsblätter
34) „Der Dienst eines deutschen Schulmeisters in alter Zeit“, (Schalkauer Heimatblätter)
35) „Thüringen“, Deutscher Kommunalverlag 1927

Literaturverzeichnis zu: Schule in Crock 1591-1991

Autorenkollektiv „Thüringen“, 1927; Deutscher Kommunalverlag
Brückner, G Landeskunde des Herzogthums Meiningen,
Zweiter Teil, Verlag von Brückner und Renner, Meiningen 1853
Dahinten, Ernst Geschichte der Heimat, II. Teil,
Die Reformationin Stadt und Amt Eisfeld,
Verlag Carl Beck, Eisfeld 1932
Faber, Johann  Kirchspiel der Pfarr Crock, Schleusingen 1621

Greiner „Der Dienst eines deutschen Schulmeisters in alter Zeit“,
in „Blätter zur Heimatgeschichte“ (Schalkau); 2. Jahrgang

Kern, Philipp Ernst Eine Stimme vom Himmel: Wachet,
Wachet! der Gemeine zu Crock nach einem gewaltigen Blitze,
Verleger Johann Gottfried Hanisch, Hildburghausen 1764

Krauß, Johann Werner Beyträge zur Erläuterung der Hochfilistl. Sachsen-Hildburghäusischen Kirchen-, Schul- und Landes-Historie,
Verleger Johann Gottfried Hanisch, Hildburghausen 1753

Ordnungen
Das Kirchen. und Schulwesen betreffende:
In Zweyen Theilen, Hildburghausen 1685

Außerdem wurden aus dem Pfarrhausarchiv Crock benutzt:

Kirchenchronik
Kirchenbücher (Beerdigungen, Taufen, Hochzeiten)
Lose Blätter zwischen den Aufzeichnungen, Kirchrechnungen
Protokollbücher
Schriftwechsel Herzogtum – Pfarramt Crock
Staatsarchiv Meinigen, Akten der Herzogl. Landesregierung

(Fotos in Druckbroschüre auch von Gemeindemitgliedern)

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