Elektrische Glockenmotoren

Nach 40 Jahren gibt es wieder das Abendgeläut

In den evangelischen Kirchgemeinden Hirschendorf und Waffenrod-Hinterrod werden bis 1989 immer nur zu den Gottesdiensten und den Amtshandlungen die Glocken noch mit einem Seil geläutet. Doch die Kirchgemeinden wollten jetzt – „in der neuen Zeit“ –  ein Abendgeläut um 18:00 Uhr haben. Bis in die 50ziger Jahre hatte das Abendgeläut ein Küster „gezogen“.

So bin ich auch im eigenen Interesse zu den neuen „alten“ Bürgermeistern in Hirschendorf und Waffenrod gegangen. Kurz habe ich ihnen jeweils mein Anliegen geschildert. Die Glocken in ihrer Ortskirche müßten jetzt endlich elektrifiziert werden und eine Schaltuhr ist auch nötig. Sie schauten mich ungläubig an. Ich: „40 Jahre haben die politischen Gemeinden die Ortskirche niemals finanziell unterstützt. Jetzt gibt es dafür die große Gelegenheit und diese Gelegenheit sollten sie nicht verstreichen lassen“. Ich wollte es garnicht glauben. Aber beide politischen Gemeinden haben mir umgehend die Zusage für die volle Finanzierung in Höhe von insgesamt 20.000,00 West-DM zugesagt. Als zuständiger Ortspfarrer konnte ich nun zusammen mit Herrn Gauer das elektrische Geläut einbauen und anläuten. Herrlich.

Einbau elektr. Geläut 1992

Einbau elektrisches Geläut 26.02.1992

Elektronisch gesteuerte Motoren erleichtern Arbeit der Küster

Dank für Unterstützung durch Kommunen / Fachmann aus Gotha bei Montage dabei
„Freies Wort“, Peter Lauterbach, 26.02.1992

„Hirschendorf  / Waffenrod-Hinterrod
Nun sind auch in den beiden Kirchgemeinden Waffenrod – Hinterrod und Hirschendorf die Zeiten vorbei, als der Küster noch mit der Hand am Seil die Kirchturmglocken in Bewegung setzte. Um aber den stählernen oder bronzenen Glocken das wohlbekannte Läuten zu entlocken, benötigten die Küster Günter Hopf aus Hirschendorf und Hermann Elfert aus Hinterrod schon einiges Geschick.

Dank der finanziellen Hilfsbereitschaft der Kommunen konnte in den beiden Ortskirchen nun ein elektrisches Geläut eingebaut werden. So stellte die politische Gemeinde Hirschendorf 9.435 Mark und Waffenrod-Hinterrod 10.079,88 Mark zur Verfügung. Dafür möchten sich die Kirchgemeinden herzlich bedanken.

Die letzten elektrischen Läutwerke wurden in der ehemaligen DDR 1970 gefertigt. Danach war nur noch der Einbau solcher Einrichtungen aus der damaligen Bundesrepublik möglich, was natürlich in Devisen bezahlt werden mußte. Mit Hilfe der beiden Läutwerke kann nun auch in Hirschendorf und Waffenrod-Hinterrod das Abendgeläut wieder eingeführt werden.

Die Hirschendorfer Kirche verfügt über zwei Stahlglocken, die 270 kg beziehungsweise 190 kg schwer sind. Die ältere Glocke stammt aus dem Jahr 1920, die andere befindet sich seit 1957 im Glockenturm. In Waffenrod läuteten die Einwohner der Gemeinde bei der Einweihung der Kirche im Jahr 1928 die 500 Kilogramm schwere Bronzeglocke zum ersten Mal. Anfang der Fünfziger Jahre kam dann noch eine 260 kg schwerer Stahlglocke hinzu. Die nun eingebauten Läutewerke werden elektronisch gesteuert und von Spezialmotoren betätigt, die die Glocke in Schwung versetzen und auch wieder abbremsen. Für den Küster wird so die Arbeit erheblich leichter. Er muß nur noch zu Beginn des Gottesdienstes per Knopfdruck die Glocken in Bewegung versetzen. Das allabendliche Geläut wird von einer eingebauten elektronischen Uhr gesteuert.

Für Dietrich Gauer aus Gotha ist die Betreuung von Läutwerken in vielen Thüringer Gemeinden tägliche Arbeitsaufgabe. So baut er neue Anlagen ein und wartet die bestehenden im Ein – oder Zweijahresrhythmus. In der Regel beginnt seine Arbeit im Glockenstuhl mit der genauen Analyse der vorhandenen Glockenanlage. Hier muß er zunächst überprüfen, ob das Joch und dessen Befestigung an sogenannten Pendelrollenlager in Ordnung ist und damit ein fester Sitz der Glocke gewährleistet werden kann. Neuere Glockenstühle sind meistens mit Stahljochen ausgestattet, ältere besitzen noch das übliche Hartholzjoch. Gegebenenfalls muss die Glocke vorher abgebaut werden, was keine leichte Aufgabe ist, da schon der Klöppel oft nicht mehr alleine transportiert werden kann. Ist die Glockenaufhängung korrekt, sucht Dietrich Gauer die entsprechenden Motoren und Antriebsräder aus. Die Glocke wird dann mittels einer Stahlkette angetrieben. Der Motor muss dazu seine Drehrichtung laufend ändern, da eine übliche Glocke etwa 54-60 Anschläge pro Minute ausführen muß.

Die Steuerung des Antriebes erfolgt dann von Hand oder per Schaltuhr. Aber auch Funkfernsteuerungen sind durchaus im Einsatz. Sie eignet sich besonders für Kirchen, die vom Ort oder Pfarramt weiter entfernt sind. Das Läutewerk verfügt auch über die Möglichkeit, eine Kirchturmuhr mit anzuschließen.

Die Wartung der gesamten Anlage erfordert später keinen großen Aufwand. Jedoch muss der feste Sitz der Glocken und die Seilspannung des Antriebes kontrolliert werden. An bestimmte Nebengeräuschen während des Betriebes kann Dietrich Gauer mögliche Fehlerursachen erkennen.

Nur noch selten bringt er neue Glocken in Kirchtürmen an. In solchen Fällen wird oft eine Tonanalyse der vorhandenen Glocken erstellt, die dann Auskunft über Größe und Tonfarbe der neuen Glocke gibt. Eine kleine übliche Glocke kostet heute mindestens 8.000 DM.

Dietrich Gauer betreut viele Kirchenglocken im Landkreis Hildburghausen. Eine größere Aufgabe erfüllt er 1987 bei der Installation eines Läutwerkes in der Apostelkirche zu Hildburghausen.“

Einbau elektr. Geläut 1992

Einbau elektrisches Geläut 26.02.1992

(Links Dietrich Gauer, rechts Ortspfarrer Johannes Ziegner.)

Alles muß genau geprüft und kontrolliert werden, bevor das neue, elektrische Läutwerk arbeiten kann. Per Knopfdruck vermag der Küster oder der Pfarrer nun, die tonnenschweren Glocken in Bewegung zu setzen.

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