Die Crocker „Wessi`s“ mußten jetzt ran…
Nach 1961 wurden für die 3 Glocken in der St. Veits-Kirche Crock Läuteanlagen einer DDR-Firma eingebaut, die man jedoch nur an- und ausschalten konnte. Diese haben 24 Jahre recht und schlecht ihren Dienst geleistet. Vor allem war der Küster gefragt, der zu allen Anlässen im Kirchenbereich zur Kirche mußte, um die Anlagen einzuschalten.
Jedoch Anfang der 80ziger Jahre fingen die Motoren an zu „muckern“. Auf die elektrische Anlage war kein 100% Verlass mehr, was mir als Ortspfarrer viel Kopfzerbrechen bereitete. Wie oft mußte ich den Kirchenältesten Karl Bublitz (+ 2022) bitten mit mir zusammen, meistens Abends, in den Kirchenturm zu steigen, um die Fehlerquelle mit einer Taschenlampe zu suchen. Meistens war es irgend ein defektes elektrisches Bauteil, was notdürftig repariert wurde. Ersatzteile für diese Anlagen gab es nach Auskunft der Glockenbaufirmen in der DDR schon lange nicht mehr. Die 500-Jahrfeier der St.Veits-Kirche rückte aber näher, die Kirche top saniert, aber das Glockengeläut: zum Verzweifeln.
Da hatte ich dann in meiner Verzweiflung eine Idee, die ich Anfang 1987 einfach umsetzte. Da einige, ehemalige Crocker im Westen wohnten, schrieb ich diese einfach an. Ich wußte, dass die Ehemaligen im Westen immer wieder Heimweh nach Crock hatten und auch oft zu Besuch kamen. Also schrieb ich unter anderem: „…Liebe ehemalige Crocker, wenn Ihr wollt, dass in Eurem Heimatort weiter im Sozialismus die Kirchenglocken läuten sollen, dann brauch ich jetzt Eure Hilfe. Alle 3 Glockenmotoren sind defekt, Ersatzteile gibt es nicht mehr. Es werden ca. 10.000,- WestDM benötigt…“. Die Summe hatte meine Recherche ergeben. Und dann abwarten, was passiert. Es dauerte schon ein paar Monate, aber dann kam durch Herrn Herbert Lindner (+ 2015) aus Wuppertal die gute Nachricht: „Das Geld ist zusammen“. Später habe ich Durch Herrn Lindner erfahren, dass er und Herr Helmut Leiss (+ 1990) den Löwenanteil gespendet haben. Andere Spender sind mir darüber hinaus nie bekannt geworden.
Mit dieser Zusage begann nun die Arbeit, die nochmals ein Jahr dauern sollte. Es mußten Anträge an alle möglichen kirchlichen und staatlichen Stellen geschrieben werden. Die Spender selbst durften gegenüber staatlichen Stellen nicht in Erscheinung treten, also mußte die „Patengemeinde Buttenhausen“ ran. Am Ende kam eines Tages ein LKW, fuhr rückwärts an die Kirche heran und entlud die 3 Motoren und das ganz Zubehör. Jetzt kommt der eigentliche Witz: Für die Anfahrt und das Entladen habe ich 3,50 DDRMarkt bar zahlen und eine Unterschrift leisten müssen.
Jetzt habe ich den Glockensachverständigen der Landeskirche in Thüringen in Kenntnis gesetzt und wir beide haben umgehend die alten Motoren entsorgt und die neuen eingebaut. Die West-Schaltuhr war das Herzstück. Jetzt konnte auch das Abendgeläut um 18:00 wieder erklingen, sehr zur Freude der Kirchgemeinde.
Mit dem Dienst-Trabi und meinem Anhänger hatte ich einen Tag damit zu tun, den „Müll“ zu entsorgen. In der Zeit baute Herr Gauer aber schon die neuen Motoren ein.
Auszüge aus dem Schriftverkehr:
Nur die Patengemeinde „Buttenhausen / Apfelstetten“ in Baden-Württemberg konnte den finanziellen Vorgang abwickeln, deshalb hat der damalige Vikar meine „Vorlage“ beim Besuch in Crock unterschrieben.