„Ich will Bauer werden“

Die Geschichte meines Vaters Christoph Ziegner (Buchveröffentlichung 2015)

„Christoph Ziegner war von 1944 bis 1946 mit sehr jungen Jahren als Inspektor/Verwalter auf der Domäne Neufrankenroda in Thüringen. Als Ziegner 1944 seinen Dienst antrat, war Neufrankenroda noch eine Pachtung der Firma Meyer, einem großen landwirtschaftlichen Betrieb und Saatzuchtunternehmen mit Hauptsitz im benachbarten Friedrichswerth.

Bei Kriegsende war Neufrankenroda für kurze Zeit amerikanisch besetzt und wurde am 01.07.1945 an die russische Besatzung übergeben. Die Domäne wurde dadurch einem russischen Regiment zu dessen Versorgung unterstellt. Ein russischer Kommandant übernahm das Oberkommando auf dem Betrieb und der Hauptverwalter verließ damit Neufrankenroda, so dass Ziegner trotz seiner geringen Berufserfahrung bis zum Frühjahr 1946 die landwirtschaftliche Leitung der Domäne übernahm.

Gut Neufrankenroda: Alles ist fast noch erhalten. (Foto: JZ 2016)

Sehr zeitnah im Jahr 1948 hat Ziegner seine Erinnerungen an diese Zeit in Neufrankenroda niedergeschrieben und ausführlich über die Situation auf der Domäne unter den verschiedenen Eigentümern, über die Arbeitsabläufe und über die Vorkommnisse bis zur Bodenreform im Frühjahr 1946 berichtet.

Seine Darstellung ist detailliert jedoch nie langatmig und sprachlich gut. Sie liest sich angenehm und zügig. Er reflektiert die Ereignisse und die Lage der Dinge für einen Menschen seines damals jungen Alters erstaunlich abgeklärt. Seine Gedanken und Beobachtungen sind nur sehr gering durch Vorurteile gefärbt. Zwar äußert er deutlich seine Meinung, diese ist aber durchweg in keiner Weise strikt oder radikal sondern er denkt sehr häufig über „beide Seiten der Medaille“ nach.

Somit ist dieser Bericht ein authentisches, äußerst interessantes und reichhaltiges Zeitdokument. Für alle landwirtschaftlich Interessierten ergibt sich eine Fülle von Informationen über die damalige Landwirtschaft und für jeden an der Geschichte der Landwirtschaft und der Vorgänge in diesen ereignisreichen Jahren auf dem Land sind die Ausführungen Ziegners äußerst informativ.“

(Rezension auf Amazon.de von Dienina Casta)

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Rittmeister Meyer und meine Eltern

In unserer Familie wurde immer wieder über Neufrankenroda, Friedrichswerth und den Rittmeister Meyer erzählt. Es waren oftmals sehr lustige Geschichten, die alle erheiterten.

Aber woher hatten meine Eltern diese Geschichten? Erst nach dem Tod meines Vaters realisierte ich, dass er seine Ausbildung zum Landwirt in Neufrankenroda absolvierte und meine Mutter ebenfalls dort ihre Hauswirtschaftslehre zeitgleich begonnen hatte. Meine Eltern lernten sich dort also kennen.

Mein Großvater väterlicherseits war als Pfarrer in den Kriegsjahren auch für Neufrankenroda zuständig und mein Großvater mütterlicherseits war Privatsekretär des Rittmeisters Meyer. In einem ganz kurzen Zeitraum kamen hier zwei Familien zusammen, die dann durch die Hochzeit meiner Eltern verbunden geblieben sind.

Nach dem Tod meiner Mutter habe ich die losen Zettel, die vielen Texte, die Bilder und vor allem die Aufzeichnungen meines Vaters genauer gelesen. Das war einfach eine wichtige geschichtliche Zeit von 1944 bis 1946. Vom Adel zu den Amerikanern, den Russen und dann die Bodenreform in zwei Jahren. Ich habe dann alles zusammengestellt und zu einem Buch zusammen gefasst, um dieses einmalige Zeugnis dieser Jahre zu erhalten.

Mein Sohn hat dieses Zeitzeugnis im BoD-Verlag / Amazon.de herausgegeben.

Leipziger Buchmesse 2015

Leipziger Buchmesse 2015

Auszug – Ich will Bauer werden

Einmal kam ich mit einem fanatischen Kommunisten zusammen. Mit ihm war kein Gespräch zu führen. Er stand im Range eines Oberleutnants und wollte mir klarmachen, daß in Russland alles besser wäre. Die Häuser, die öffentlichen Einrichtungen, die Ernährungslage, alles war besser als bei uns. Da wir gerade an ein Radio gelehnt standen, sagte ich : ‚Bei uns viele Häuser Radio, in Russland auch ?‘ ‚Bei uns jeder Radio, nicht nur viele, jeder kann hören‘.

Erstaunt entgegnete ich, daß dies doch nicht möglich sein könne, davon hätte ich noch gar nichts gehört. Seine Stimme schwoll merklich an, als er mir erklärte, daß in Russland jedes Dorf einen Lautsprecher hätte, der auf dem Dorfplatz stünde. ‚Da müßt ihr doch alle dasselbe hören, ihr könnt doch da gar nicht hören, was ihr wollt‘, antwortete ich ihm. Da schrie er aber los : ‚Ihr Deutschen immer jeder etwas anderes machen als der andere. Bei uns Bürgermeister Radio anstellen und das für alle gut, was anderes wollen wir gar nicht hören. 

Einer der 3 russischen Kommandanten 1945

Einer der 3 russischen Kommandanten 1945 (Bild privat)

Anschließend habe ich Teile des Buches: Ich will Bauer werden, „verfilmt“. Zusammen mit acht Schülern und dem Verein Jungen Medien Thüringen am Originalschauplatz Neufrankenroda.

„Der Film ist eine echte Produktion des Vereins Junge Medien Erfurt. Geld dafür gab es so gut wie keins, und so musste improvisiert werden. Die beiden Medienpädagogen Henryk Balkow und Katharina Behrend haben die Arbeit der acht Schülerinnen und Schüler begleitet, die alles – von den Kulissen über die Kostüme bis zum den Spielszenen selbst entworfen haben. Es ist eines der größten Projekte des Vereins.

„Wir haben eineinhalb Jahre daran gearbeitet“, sagt Balkow. Der rund 45 Minuten lange Dokumentarfilm erzählt die Geschichte des Guts zwischen 1944 und 1946 im Zeitraffer, aber mit hohem Tempo und raffiniert verdichtet. Dass er in keiner Minute langweilig ist, darauf ist Balkow besonders stolz.

Und auch Johannes Ziegner zeigt sich zufrieden mit dieser „eigenartigen Geschichte“, die da aus dem Buch entstanden ist. Der von seinem Vater aufgeschriebene Mikrokosmos Neufrankenroda zeichnet ein eindrucksvolles Bild jener Zeit, in dem der Zuschauer die üblichen Partizipien vergeblich sucht: Amerikaner, Russen, Neubauern – sie alle sind in Christoph Ziegners Aufzeichnungen zu allererst Menschen, die irgendwie klarkommen müssen mit den Machtverhältnissen ihrer Zeit. Das zu erkennen, darin liegt vielleicht der größte Gewinn des Films.“

(Quelle: Südthüringer Zeitung, 8.11.2016, Peter Lauterbach)
Buchtitel: "Ich will Bauer werden"

Filmpremiere Erfurt – Johannes Ziegner (Foto: Michael Reichel /arifoto.de)

Arbeitszeugnis für Christoph Ziegner

Arbeitszeugnis für Christoph Ziegner

Rittergut Schwöbber

Schwöbber, den 26. März 1946
Post über Hameln / Weser

Zeugnis!

Herr Christoph Ziegner war vom 1. November 1944 bis 1. Juli 1945 auf unserer Wirtschaft Neufrankenroda als Verwalter tätig. Neufrankenroda ca. 1000 Morgen groß, war ein Nebenbetrieb der Saatzuchtwirtschaft Eduard Meyer – Friedrichswerth, auf dem unsere Züchtungen Wintergerste, Futterrübensamen und Bohnen vermehr wurden.
Herr Ziegner hatte Gelegenheit, sich mit allen Anforderungen und Aufgaben einer Saatzuchtwirtschaft vertraut zu machen, und nutzte diese zu Erweiterung seiner landwirtschaftlichen Kenntnisse gut aus.

Er lernte in der Wirtschaft Bearbeitung schweren Bodens unter klimatisch häufig ungünstigen Verhältnissen kennen und war dem Leiter der Wirtschaft eine gute Hilfe.
Herr Ziegner war auch nach dem Weggang des Unterzeichneten, d.h. nach dem Einzug der Russen Anfang Juli 1945 bis zur Aufteilung des Gutes im März 1946 in Neufrankenroda tätig und hat die Wirtschaft in dieser Zeit unter schwierigsten Verhältnissen selbständig geführt.

Herr Ziegner zeichnet sich aus durch große Pflichttreue. Er war fleißig und tüchtig und von unbedingter Zuverlässigkeit. Wir können Herrn Ziegner bestens empfehlen.

Unterschrift: Rudolf Meyer

Die russischen Besatzer 1945

Die russischen Besatzer 1945 mit Kommandanten (Bild privat)

Buchveröffentlichung 2015

Buchveröffentlichung 2015

Buchveröffentlichung 2015

Buchveröffentlichung 2015

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