Crocker Schule, Vortrag 29.05.1991

(Ein Gemeindeabend zur 400 jährigen Schulgeschichte der Crocker Schule von Pfr. J. Ziegner erarbeitet und vorgetragen in der St. Veits-Kirche zu Crock am 29.05.1991)

Die Schulgeschichte der Crocker Schule ist natürlich nicht vollständig. Ich konnte auch nur auf Informationen zugreifen, die ich bei meinen Recherchen entdeckt habe.

Es stellt sich zu Beginn natürlich die Frage, wie kam es eigentlich zum Schulwesen in Deutschland? Meine Ausführungen soll einen bestimmten Einblick in einen bestimmten Zeitraum und einen bestimmten Ort geben. Die Lehrerbiografien der Crocker Lehrer sind in der gedruckten Schulbroschüre zu lesen, soweit ich diese in alten Kirchenbüchern entdeckt habe. 400 Jahre Schulgeschichte sind eine lange Zeit. Punktuell will ich auf verschiedene Lehrkräfte und insbesondere auf das Schulgebäude eingehen.

Die Crocker Schule und Kirche sind hier schon äußerlich getrennt.
Das Schulglöckchen im Schulturm gut zu sehen.

Das 15. Jahrhundert geht zu Ende und es ist zugleich die Einladung zu großen Begebenheiten. Die Bewegung der Hussitten um 1415, obwohl durch Kriege auf Brandstätten verkohlt, lebte die Bewegung in den Herzen zweier Generationen weiter. Im 16. Jahrhundert loderte die Flamme von neuem auf, mächtiger denn je, eine Feuersäule für ganz Europa – die Reformation! Karl der V., der damals größte Herrscher der Erde. Unter seiner Herrschaft wird ein Teil der katholischen Kirche protestantisch. Es ist aber auch die Zeit, in der die Deutschen zu der größten aller neuen Erfindungen kamen, zur Kunst: Bücher zu drucken. Und es war aber auch die Zeit, in der Kaufleute die nördlichen Meere ihrer Herrschaft unterwarfen. Kolumbus entdeckte neue Erdteile. Das 16. Jahrhundert, die größte geistige Bewegung, welche je eine Nation in den innersten Tiefen aufgewühlt hat. Die Sehnsucht nach Erkenntnis, der Wahrheit und ein heißes Ringen nach der ewigen Liebe, das sollte auf lange Zeit die herrschende Leidenschaft der Deutschen werden.

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts begann in den unteren Schichten des Volkes eine geheimnisvolle Unruhe. Die Wanderlust hatte die Menschen ergriffen, fast so wie nach der Grenzöffnung 1989.

Die Zahl der Landläufer, jünger und älter, die Kleinkrämer, Pilger, Bettler, fahrende Schüler war sehr groß. Frankreich und Italien waren keine Entfernungen. Martin Luther selber lief 1510 von Erfurt, nach Rom und zurück. Wunderbare Nachrichten klangen aus der Ferne: sei es aus Jerusalem oder der Türkei. Von braunen Völkern hörte man, die von Gott nichts wussten. Die Menschen, die von solchen Dingen erzählten, waren nicht mehr die armen Pilger und die Tagelöhner. Sondern es waren sonnenverbrannte, feste Gesellen mit kühnem Antlitz. Mit Ehrfurcht starten die Jugend eines Dorfes auf dem Landknecht, der seinen Reichtum aus den fernen Ländern vor der Schenke ausbreitete und die Herberge für sich und seine Gäste wie ein Edelmann in Beschlag nahmen.

Aber eine noch größere Einwirkung übte die neue Kunst aus, durch welche auch der Ärmste, klug und gelehrt werden konnte. Das geschriebene Wort konnte tausendfach vervielfältigt werden. Bisher wurden die Holztafeln sehr kunstvoll ausgeschnitten. Ein Buch war unerschwinglich. Für die geistige Entwicklung in Deutschland war wichtig, dass die neue Erfindung sich unabhängig vom geistlichen Stand, ja in Opposition gegen die mönchischen Abschreiber ausbildete.

Die neue Kunst wurde mit Schnelligkeit durch die wandernden Gesellen in die Städte und ins Ausland getragen. Neben den großen Druckwerken des 15. Jahrhunderts, deren Technik wir jetzt noch bewundern, verbreiteten sich bald kleine, billige Hefte in den Häusern der Handwerker, ja in den Hütten der Bauern: Kalendertafeln, Gebetsbücher, kleine Staatsschriften und auch komische Literatur: Fastnachtsscherze, Narrenstreiche und volkstümlicher Gedichte. Der Trieb, Lesen zu lernen, wurde mächtig. Mit einmal buchstabiert man Gebete. Man las Neuigkeiten so deutlich, als hätte man es selbst miterlebt. Die alte Wissenschaft der Kirche, die den lernbegierigen Sohn des Volkes im Chor und Kreuzgang erzog, war in einem tiefen Verfall. Die Kunde der alten Sprache gering. Hebräisch und Griechisch unbekannt. So konnte man die Bibel auch in ihren Urtexten nicht lesen! In barbarischen Mönchslatein wurde geschrieben und gelehrt. Mit der Erfindung des Bücherdrucks kamen auch die neue Humanistenbildung – gerade rechtzeitig. Der redliche Sinn und das einfache Gemüt der Deutschen verarbeitete den Humanismus nüchtern und doch innig, methodisch, zunftsmäßig und maßvoll. Die lateinische Sprache, die gerade auch in Italien wieder neu entdeckt wurde, wurde emsig studiert. Sie erschien den Deutschen wie ein neuer Fund. Lateinische Schulen entstanden und durch lateinisch Lehrbücher wurden diese verbreitet.

Latein war anstrengend, musste man doch lernen, die Grammatik zu beherrschen. Das diente wiederum dem Geist zur Zucht. Das Gedächtnis wurde kräftig angestrengt, da die logische Seite der Sprache stärker wirkte als die phonische. Doch die Humanistenausbildung war nicht für das Volk. Zu fremd die Grundlage ihrer Kultur und zu willkürlich und unklar die Ideale.

Nicht günstig war auch für die Entwicklung des Charakters die Beschäftigung mit einer längst versunkenen Welt. Als es nun hieß Stellung zu nehmen zu dieser Art des Lernens, wurde das so jung Erkämpfte wieder der Kirche zurück gegeben. Mann hielt sich wieder an die alte Bildung, die man kannte. Jedoch in den bestehenden Lateinschulen konnte man geheimnisvolle Kenntnisse erwerben. Der, der sich diesen Unterricht unterwarf, hob sich natürlich aus der Masse des Volkes empor. Kinder und Burschen (Mädchen durften solche Schule nicht besuchen), liefen aus den entlegensten Gegenden herzu, um in einer solchen Schule zu unterrichtet zu werden. Diese Wege wurden unter größten Leiden und Entbehrungen auf sich genommen. Verwildert, entsittlicht durch das mühevoll wandern auf der Straße kamen sie auf solchen Schulen an. Stifter oder Bürger einer solchen Schule gaben dem Fremden zuweil Obdach, aber ihren Lebensunterhalt mussten sie sich selbst erbetteln. Das beste Beispiel ist Martin Luther. Er musste als Currendesänger in Eisenach sein eigenes Taschengeld verdienen und hatte somit Glück gehabt.

Die Aufsicht über das Betteln war gering. Streng jedoch war: Nur unter bestimmten Formen und bestimmten Stadtteilen durfte gebettelt werden. Die Schüler mussten an der Schule in Genossenschaften eintreten, damit er nicht zum Schaden des Schulmeister und der vorhandenen Schüler die Mildtätigkeit der Einwohner in Anspruch nehmen konnte. Es gab also eine feste Bettelordnung. Jüngsten Schüler, auch Schützen genannt, waren ihren älteren Kameraden zu erniedrigenden Diensten verpflichtet. Sie mussten oftmals für sie betteln, ja sogar stehlen. Die Schüler wechseln damals eigenmächtig die Schulen. Für viele wurde das Herumlungern auf der Landstraße die Hauptsache.

So vergingen die Jahre mit dem vielen Wechseln von Schule zu Schule unter Bettelei und Raub. Trotzdem hattet immer wieder Einzelne die Kraft, diese Schulen zu überstehen. Sie haben sich zu geistiger Bedeutung empor gearbeitet. Vergessen dürfen wir aber nicht die Vielen, die mit kindlichen Gemüt das selbe Ziel zu erreichen hofften und doch elend hinter einem Zaun oder in einem Zuchthaus in einer fremden Stadt verdorben sind. Man mußte feststellen, dass der Unterricht an den Lateinschulen für die Ausbildung nicht geeignet war. Lehrbücher waren schwer zu erwerben. Oft musste man die Texte selbst abschreiben. Wer ein Lehrbuch besaß, besaß einen Schatz.

Schüler mußten darüber hinaus zum Teil als Kustos in den Stadtkirchen fungieren. Zugleich auch die Öfen in den Schulen heizen. Das war oftmals schwierig, da es nicht genügend Holz gab. So musste man Holz stehlen und hat oftmals kurzerhand von den Altären zum Teil geschnitzte Holzfiguren zum Heizen genommen, was die einzige Rettung war.

Aus den tausenden Schülern, die zu lateinischen Schulen drängten, erreicht nur wenige das Ziel. Andere brachen ab und wurden Lehrer oder versuchten sich in Druckereien zu halten. Nicht jeder konnte jedoch eine Stelle bekommen. Reformatoren gaben bald den Rat, auch im späteren Leben noch einen Beruf zu erlernen, damit sie sich ernähren konnten. Ungeheuerlich war jedenfalls der Einfluss, den die Männer der Lateinschulen auf das Volk ausübten. Später schlossen diese sich zu einer großen Genossenschaft zusammen. Diese Demokraten der neuen Lehre waren es, welche in Volksschauspielen zum Beispiel den Papst als Antichristen darstellten. In den Heereslagern den empörten Bauern Reden hielten. In Reden, Volkslieder und groben Dialogen, die alte Kirche angriffen. So breitete sich mit dieser neuen Generation letztendlich aus, was unausweichlich kommen musste, die Reformation.

Reformation – Nicht nur Umwälzung des kirchlichen Lebens, sondern alle Bereiche wurden davon berührt. Die Reformation kommt langsam durch Verordnungen in das Land und damit in das Volk. Sie berührt nun auch die Bildungsgrundlagen des Einzelnen und eines ganzen Volkes. Martin Luther erkannte schon früh – auch geprägt durch die eigene Schulzeit – die große Bedeutung der allgemeinen Schulpflicht. Unverzüglich gingen er und seine Mitstreiter daran, diese Gedanken durch die Tat umzusetzen (Luther schreibt Unterrichtsmodelle wie zum Beispiel: Kleiner Katechismus). Neue Möglichkeiten der Drucktechnik werden dabei ausgenutzt. Christliche Schulen entstehen neben den lateinischen Schulen. Grundlage war die Bibel und der deutsche Katechismus. Der Katechismus war in Frage und Antwort abgefasst, ein Leitfaden des Glaubens. Ziel war es: Dass die Welt geschickte Männer und Frauen hervorbringen sollte, die wohl ein Land führen könnten. Es ist jetzt eine andere Welt, und es geht anders zu, schreiben damals die Reformatoren an die Ratsherren (wie heute!). Damals reichte es noch aus, dass die Knaben 2 Stunden in der Schule am Tag gehen und nebenbei ein Handwerk erlernen sollten. Die Mädchen sollten 1 Stunde in die Schule gehen und danach ordentlich den Haushalt führen. (Diese Grundstruktur finde sich fast bis heute in Crock.)

Schulunterricht für alle war die Devise für die Reformatoren. Crock gehörte damals zu Coburg und das Coburger Land zu Wittenberg. Diesem Umstand ist es wohl mit zu verdanken, dass sich das neue Schulwesen in Crock recht bald etablieren konnte. Eine Lateinschule gab es nur in Eisfeld. Die neue Unterrichtsform in deutscher Sprache fand reges Interesse im Volk. Anders ist es auch nicht zu erklären, warum schon frühzeitig nach der Reformation hier im Crock Unterricht gehalten wurde.

Die Crocker Schulakten berichten von einem Lehrer, der in seiner Wohnung vor 1591 die Kinder in rührende Weise unterrichtete. Aufgrund dieser Tatsache ist wohl auch schnell ein Schulneubau ins Auge gefasst worden. Ungewöhnlich ist nur, dass die erste Schule von Crock vor die Kirche und somit 800 m vom Dorf entfernt gebaut worden ist. Streit um den Standort hat es wohl immer gegeben, zuletzt 1879. Jedoch könnten zwei Punkte für den ersten Standort gesprochen haben: Der Schulmeister war zugleich Küster und Organist der Kirche. Deshalb Nähe zur Ortskirche. Der Unterrichtsplan bestand vorerst nur aus biblischen Stücken: Katechismus, christlichen Liedern, Gebeten und das Läuten einer Schulglocke. Sucht man auch von daher die Nähe zur Kirche? (Um darin auch zu beten und zu singen?) Man beobachtet oft in Städten und auf Dörfern, dass die Schule und die Kirche nebeneinander stehen und dazu auch das Pfarrhaus. Hinzu kam auch, dass die Gemeinden Oberwind, Waffenrod-Hinterrod ihre Kinder am Anfang in die Crocker Schule schicken mussten und somit nicht immer den Irmelsberg hoch und runter laufen wollten. Somit stand die 1. Schule von Crock von 1591 bis 1907 vor der Kirche auf dem Irmelsberg. Danach wurde dieses Gebäude als Küsterhaus genutzt. 1907 brannte die Alte Schule ab. Der Gemeindekirchenrat der Crocker Kirchgemeinde beschließt die Schule nicht wieder an der alten Stelle aufzubauen, sondern ein paar Meter vom Friedhof entfernt, direkt an der Handelsstraße Hamburg-Venedig, die über den Irmelsberg führt. Die jetzt freiwerdende Fläche wird für die Erweiterung des Friedhofes dringend benötigt.

Mit dem nun regulären Unterricht an einer neuen Schule auf dem Irmelsberg wurde auch zugleich das Lernziel fest geschrieben: Wahre Frömmigkeit zur Erkenntnis und Verehrung Gottes zu erlangen. Wie erreicht man das? Ganz einfach: stufenweises und bequemes Fortschreiten vom Leichten zum Schweren, durch Nachahmen, nacheifern und übertreffen. Die Schulen gleichen lieblichen Gärten, die mit mannigfaltigen Arten von Pflanzen angefüllt sind. Werden sie von den Gärtnern sorgfältig gehegt und gewartet, so wachsen sie schließlich zu fruchtbaren Bäumen heran und bringen süße und den Menschen heilsame Früchte. Darum soll uns Lehrern, denen die Sorge für die Christliche Jugend übertragen ist, ganz besonders am Herzen liegen, dass wir in unserem Amts immer fromm, treu und beständig gefunden werden.

Diese Sätze sind völlig zeitlos, es hat sich in der Geschichte gezeigt, wer die Schule ernst genommen hat, der konnte auch Früchte ernten. Von den Lehrern wurde durch die Reformation ebenso erwartet: Frömmigkeit, Sittenreinheit, Treue und Beständigkeit, damit die zarten Pflanzen nicht durch Nachlässigkeit und Sorglosigkeit oder Ärgernis vertrocknen und verderben. Im Unterricht aber sollten sich die Lehrer mit allem Eifer und Fleiße bestreben, die Knaben in der Frömmigkeit zu guten Sitten und Künsten der Wissenschaft so zu erziehen, dass sie einmal der Kirche und dem Staat recht nützlich sein könnten. Von den Schülern wurde im Gegenzug erwartet: Pünktlichkeit, Ordnung, Sauberkeit, Aufmerksamkeit, Fleiß, Gelehrsamkeit, Gehorsam, Verträglichkeit, Höflichkeit, Sittsamkeit und Frömmigkeit. Das beste Erziehung – und Zuchtmittel ist dabei das Gewöhnen. Bei Übertretungen sollte es Schläge geben (auf die zarten Pflanzen?).

In den Visitationsakten. 1554-1613 habe ich entdeckt: Dies fleißig zu betreiben, mahnen uns der göttliche Auftrag unserer Berufung, die Größe des uns anvertrauten Amtes, aber auch die göttlichen Drohungen. Christus sagt nämlich: Wer eins unter diesen Kleinen geärgert haben wird, dem wäre es besser, dass ihm ein Mühlstein um den Hals gehängt und er in die Tiefe des Meeres versenkt würde. Wahrlich, solchen Kindern, die durch das heilige Sakrament der Taufe unserer Kirche eingepflanzt sind, ist der Himmel. Das versichert der Sohn Gottes, unser Heiland, selbst Markus 10: „Lasset die Kindlein zu mir kommen und wehret ihnen nicht, denn solcher ist das Reich Gottes, der Himmel“. Daher müssen wir uns sehr hüten, dass wir Kinder nicht zum Ärgernis werden, deren Lehrer wir sein sollen, und durch zu verabscheuende Nachlässigkeit und liederliche Sitten mehr zerstören als aufbauen und dem schrecklichen Gericht Gottes verfallen.

1591 ist der öffentliche Schulbeginn in Crock. Ich kann mir gut vorstellen, wie das abgelaufen ist. Der Schulunterricht begann ja im Sommer schon um 6:00 Uhr und dauerte bis 10:00 Uhr. Dann ging es nach Hause in die Landwirtschaft, um dann am Nachmittag noch mal zur Schule zu kommen. Es gab keine Uhren, vieles wurde nach Gefühl gemacht. Dann wird der `Bock` auf Schule auch nicht immer der Größte gewesen sein. Wenn die Reformatoren schreiben, dass bei Übertretungen geschlagen werden soll, dann müssen sie in ihren Empfehlungen ja auch auf Erfahrungen zurück greifen können.

Hinter der Kirche stand der Grabstein von Lehrer Andreas Bauer. Auf diesem steht, dass er 52 Jahre lang in einem mühseligen und beschwerlichen Schulamt gestanden hat. Trotzdem ist ja von der Bevölkerung so geliebt worden, dass dieser gut erhaltene Grabstein bis heute aufgehoben wurde.

Der erste Schulmeister heißt Johannes Hoffmann. Und dann folgen 16 weitere Schulmeister bis hin zu Lehrer Robert Beetz aus Crock.

Den Lehrern hat es anscheinend in Crock besser gefallen als den Pfarrern. Im gleichen Zeitraum von 400 Jahren waren hier 28 Pfarrer. Über die einzelnen Schulmeister will ich mich nicht auslassen, die Lebensläufe stehen in der Broschüre, die käuflich zu erwerben ist. Vielleicht nur so viel: Lehrer Johannes Arnold war hier 54 Jahre im Schuldienst, sein Sohn Johann Nikolaus Arnold, anschließend 26 Jahre. Zusammen haben Vater und Sohn 80 Jahre Schuldienst hier in Crock abgeleistet. Oder: Lehrer, Andreas Bauer, siehe auch den Grabstein. Er war 37 Jahre hier im Dienst. Sein Sohn, Johann Wilhelm Gotthilf Bauer 33 Jahre hier im Schuldienst. Zusammen waren Vater und Sohn 70 Jahre Lehrer im Crock! Das will was heißen.

1764 schlug ein Blitz während des Gottesdienstes in die Crocker Kirche ein. Von den Verstorbenen wird im Nachhinein berichtet. So heißt es bei dem Mitbewohner Johann Simon Fischer, ein Vorfahre von Herbert Schilling aus dem Kirchweg. Er zeigte sich bescheiden, war nachforschend im göttlichen Wort, las, fleißig den Seinigen die Bibel und andere im Haus habende Bücher vor. In seiner Beerdigungspredigt werden diese Bücher vorgestellt! Zum Beispiel die Reisepostille von Ehrenreich Widder, der Krankentrost von Ottonen, Myhrten-Garten von Queinsfeld und die evangelische Toten – Bahn und Lebensfahne von Tierof. Das war schon eine erstaunliche Erinnerung.

Anfang des 20. Jahrhunderts gab es einen neuen Schulbau. Die alte Schule war abgelebt. In der Chronik finde ich dazu keine Beschreibung. Vielleicht wollten die Eltern auch die Schule im Ort haben. Inzwischen gingen ja nur noch die Crocker Kinder hier in die Schule auf dem Irmelsberg. Die Waffenröder oder die Oberwinder Schüler hatten inzwischen ihre Schule im jeweiligen Ort. In allen anderen Orten entstanden in den letzten 200 Jahren kleine Schule, so dass die Schule in Crock viel zu weit weg war. Über den neuen Schulstandort muss es sehr viel Streit gegeben haben. Darüber soll das für die neue Schule angeschaffte Bauholz verfault sein. 1875 gibt es eine Notiz zu den Streitigkeiten um den Standort der neuen Schule. Es musste jemand vom herzoglichen Landratsamt Hildburghausen kommen und Stimmzettel an die Stimmberechtigten aushändigen. Der Schulneubau stand unter der Leitung des Kirchen – und Schulamtes. Doch so schnell ging das in Crock nicht von der Hand. Der zuständige Amtsdiener musste inzwischen dem herzoglichen Staatsministerium in Meiningen mitteilen, dass er schon Ausgaben in Höhe von 50 Mark hatte. Die Abstimmung will aber nicht gelingen. Der Staatsdienern hatte keine Zeit mehr und überträgt dem Bürgermeister von Crock die Aufgabe.

Alte Schule Crock, "Hüttenkombinat"

Alte Schule Crock im Lauf der Jahrzehnte bis 1989 ein „Hüttenkombinat“, Foto J. Ziegner

1879 ist es dann soweit, am 2. November darf der Ortsgeistliche, Pfarrer Freund, die neue Schule weihen. Der auch eingeladen Superintendent Horn aus Eisfeld übermittelte gute Wünsche für die Gemeinde. Gegenüber dem Pfarrhaus wird die neue Schule errichtet.

Der Gemeindevorstand Nicolaus Fischer stiftet dafür eine Schulglocke, die auf der Schule in einem eigens dafür gebauten Turm aufgegangen wird. Die Schulglocke trägt die Aufschrift: „Lasset die Kinder zu mir kommen“. Die Glocke ruft früh zur Schule und später noch einmal zur Mittagszeit. Das Abendgebet übernimmt eine Glocke aus dem Kirchengeläut. Mit dieser Läuteordnung wurde nicht nur der Tagesablauf der Schule bestimmt, sondern überhaupt der gesamte Tagesablauf der Gemeinde Crock. Zur Mittagszeit wurde zum Beispiel mit dem Mittagsläuten im Sommer das Essen auf die Felder gebracht.

Schulglocke Crock

Schulglocke Crock, gestiftet 1879! Foto Johannes Ziegner

Zum Abendgebet mussten nicht nur die Kinder zu Hause sein, sondern da wurden auch gemeinsam die Hände gefaltet, um Gott, dem Schöpfer aller Dinge für den vergangenen Tag zu danken.

Wasserrohrbruch in der alten Schule.

Wasserrohrbruch in der alten Schule. Foto Johannes Ziegner

Das alte Schulgebäude an der Kirche wurde jetzt die Küsterei der Kirchgemeinde Crock. Dieses Gebäude ist am 17. Juli 1907 aber abgebrannt. Der Gemeindekirchenrat baute die neue Küsterei dann unterhalb der Kirche neu auf.

Bei meiner Recherche entdeckte ich auch einen Text, welcher aus Sicht der Schüler wohl in ganz Deutschland immer wieder mal vorgekommen ist. Wir schreiben das Jahr 1850.  Sobald die Schüler sahen, das der Schlaf über den Lehrer während des Unterrichts kam, verstummte der gewöhnliche Lärm und mäuschenstill ward’s rings herum. Glaubte man den Lehrer ordentlich eingeschlafen, so ließ man zur Probe ein Buch fallen oder schlug mit den Lineal auf den Tisch. Selten erwachte der Herr Lehrer. Dann hielten die Schüler Kriegsrat, was nun anzufangen sei und nie war man über etwas Lustiges verlegen. Man band ihn mit Stricken an die Ofenbeine an, strich im Tinte ins Gesicht, verstopfte ihm die Nasenlöcher mit Papier, klebte ihn an den Haaren mit Pech an den Ofen an. Und so weiter. War die Sache ausgeführt, so machten sich alle Schüler in aller Stille aus dem Staube bis auf einen Schüler, der warten musste, um zu beobachten, wie der Lehrer wieder aufwachte. Das musste er dann am nächsten Tag vor allen erzählen.

Die Lehrerbesoldung aus der Kirchenkasse Crock sah 1881 folgendermaßen aus:

Einnahmen:

  94,35 Mark – Lehrergehalt

145,04 Mark – Kirchendienst des Lehrers

  12,00 Mark für das Balgtreten (Orgel)

147,29 Mark – Kollekteneinnahme für das ganze Jahr

958,12 Mark – Zuschuss der  Ortsgemeinde

Ausgaben:

Briefporto für das ganze Jahr 0,50 Mark

Regierungsblatt 4,70 Mark

scheuern des Altars und des Taufsteins 3,00 Mark

eine Fuhre Sand 3,00 Mark

Schlotfeger aus Eisfeld 2,06 Mark

1892 wurde die Besoldungsbestimmung für die zweite Lehrerstelle in Crock festgelegt und ausbezahlt durch Pfarrer Anders. Zum Beispiel Naturalien:

500 kg Korn zum Normalpreis von 4,70 Mark für 1 Zentner

15 Raummeter, weiches Holz zum Normalpreis von 2,60 Mark pro Raummeter

Holz und Korn sind, entweder in Natur kostenfrei zu verabreichen oder zum jeweiligen Marktpreis bar zu vergüten.

Für die Lehrwohnung wurden 27,00 Mark Miete bezahlt.

04,00 Mark wurden für die Hälfte des Schulgartens zum eigenen Anbau einbehalten.

Für die Heizung der Schulstube wurden durch die Gemeinde Crock 13 Raummeter Tannenholz und zehn Scheffel Crocker Steinkohle gegeben, welche frei angefahren, sowie das Holz kostenlos gespalten wurde.

Die Besoldung aus der Kirchkasse Crock sah 1897 folgendermaßen aus:

404,27 Mark, Pfarrer

175,00 Mark, Lehrer

  21,57 Mark zusätzlich als Chor Dirigent

  05,00 Mark Noten schreiben      

  05,00 Mark Heizung

  18,00 Mark Balgtreten an der Orgel

  16,20 Mark für Abendmahlswein und Hostien   

  02,50 Mark für Wein holen

  04,00 Mark für Scheuern der Sakristei

Schulklasse 1907, re. Lehrer Schmidt. In diesem Jahrgang wurden 1901  70 Kinder getauft!

Die 1. Klasse 1930. Einfach schön anzusehen.

„Mein 1. Schuljahr in Crock. 01.09.1949“
Herr Lehrer Lauterbach (rechts im Bild) war bis zu seinem Ruhestand 1989 bei den Schülern sehr beliebt.

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Mein Ur- Urgroßvater, Georg Hinderer, war 1850 Oberlehrer in einem Dorf in Süddeutschland. Geboren 1823, gestorben 1890. Er hatte seinen Lebenslauf aufgeschrieben. Da die Situation für alle Lehrer in Deutschland damals fast gleich war, möchte ich ein paar Passagen daraus zitieren:

Er schreibt, „…Der älteste Bruder kam im 14. Jahr in die Lehre und ich, damals 10 Jahre alt, verdingte mich zu einem Bauern des Ortes als Viehhirte. Nebenbei besuche dich die Schule. Wenn ich hier so allein bei meiner friedlich grasenden Viehherde draußen war, und meine Sprüche und Lieder für die Schule lernte, da bearbeitete der Geist Gottes recht augenscheinlich an meinem Herzen, ich lernte beten.

Nach der Konfirmation sollte ich mich für einen Beruf entscheiden, doch da hatte es seine Schwierigkeiten. Wenn auch gesund war ich doch körperlich zart und schwach und so entschlossen sich meine Eltern, da ich zum „Schneider“ entschieden keine Lust zeigte, noch ein Jahr zuzusehen und zum dritten Mal gings „ins Dienen“ zu einem vermöglichen Bauern.

Die Eltern hatten mich mit schweren Herzen noch einmal in die Knechtschaft geschickt, allein für die Waldarbeiten des Vaters war ich zu schwach und sonst fand sich keine lohnende Beschäftigung, ich gehorchte, obgleich es mir schwer wurde. Eines Tages begegnete der Ortsgeistliche, dessen Liebling ich in der Schule gewesen war, meinem Vater und fragte nach seinem Georg. „Der ist wieder im Dienst.“ „Ach was“ erwider der H. Pfarrer, „der sollte eben stellvertretender Geistlicher werden.“ „Ja, Herr Pfarrer, dazu habe ich kein Geld.“ Der Herr Pfarrer: „Er kann beim Schulmeister lernen und dann kostet`s nicht so viel und zudem will ich zu einem Staatsbeitrag behilflich sein. Kaspar, überlegt die Sache mit eurem Weib und gib mir Antwort, aber bald.“ An einem Septemberabend kommt mein Vater. Er trifft mich am Streustock beschäftigt mit Zerhacken von Tannenwedeln zur Streu für das Rindvieh und sein erstes Wort ist: „Jörgle, du musst Geistlicher werden.“ Der Dienst wird auf Martini gekündigt; die Herrschaft willigt ungern ein, denn sie war zufrieden mit mir.

Am 7. November 1837 vollendete ich mein 14. Lebensjahr und am 11. desselben Jahres trat ich als Aspirant ein bei Schulmeister Steinmüller, meinem alten Lehrer, einem sehr tüchtigen Mann, der früher an der Blindenanstalt angestellt gewesen war. Der Anfang war schwer, und einige Male war ich auf dem Punkt „umzusatteln“, doch die liebreiche Ermahnung meiner Mutter, ihre Fürbitte und mein eigenes Seufzen zu Gott half mir, daß ich aushalten und schon im März 1838 die Aufnahmeprüfung mit Erfolg erstehen konnte.

Lehrergehilfe Dölker, jetzt Oberlehrer in Fellbach, begleitete mich zu dieser Prüfung nach Esslingen und wiederholte den Stoff unterwegs – wir machten die Reise von 12 Stunden zu Fuß – mit mir in den Hauptfächern, ich werde ihm zeitlebens ein dankbares Andenken bewahren.

Nun ging es an ein ernstes Lernen und die Zahl der Zöglinge stieg nach und nach bis 12. Der Unterricht war lückenhaft und ungenügend, hatte doch der Lehrer neben seiner Schule in allen Fächern denselben allein zu geben. Wir waren daher vorzugsweise aufs Privatstudium und auf gedächtnismäßige Aneignung der Unterrichtsstoffe angewiesen, während der unmittelbare Unterricht des Lehrers, sich meistens auf ein bloßes Abhören, des gelernten beschränkte, ein Umstand, dem ich hauptsächlich mein gutes Gedächtnis verdanken zu müssen glaube, das mir später bei Erlernung fremder Sprachen sehr zu statten kam. Der Schulmeister hatte sich etwas zu viel mit Ökonomie eingelassen und verwendete uns häufig zur Feldarbeit, was uns in der Lernarbeit aufhielt, so zuträglich dies anderseits für unsere Gesundheit war. Das auf diese Art Versäumte versuchte ich bei Nacht hereinzuholen und verderbte bei der mangelhaften Beleuchtung meine Augen so gründlich, daß ich im 16. Jahr schon genötigt war, eine Brille zu tragen. Doch im praktischen Schulhalten wurden wir frühzeitig tüchtig geübt, in dem wir sowohl in der Klasse des stellvertretend „Geistlichen“ als in der Oberklasse unter den Augen des Meisters – und das war er in der That – das Werk angreifen mußten. – Gott vergelte ihm darüber, was er an mir getan und ich werde nie vergessen, daß er im Verein mit dem würdigen Herrn Pfarrer Gubitz die Ursache wurde zu meinem Eintritt in den Schulstand.

An der Bewegung des Jahres 1848 (deutsche Revolution) nahm ich in jugendlicher Begeisterung für ein einiges Deutschland aus vollem Herzen Teil wie auch an dem Streben nach Emanzipation der Schule d.h. Befreiung derselben von der Aufsicht der Geistlichkeit. In späterer Zeit erkannte ich erst mit Scham und Reue, wie tief ich mich in jenes gottwidrige Treiben hatte hinein reißen lassen und heute noch bitte ich Gott um Vergebung auch dieser Jugendsünden. Was ich ihn Rede und Schrift damals geleistet, darüber schweigt billig die Geschichte.

Im August 1848 bezog ich meine Stelle als Amtsverweser in Sulzbach an der Murr. Meine dortige Stellung sagt mir besonders zu, weil ich zum ersten Mal an einer Oberklasse unterrichten durfte und mir auch die bedeutenden Nebeneinkünfte durch Bestattungen, Taufen sehr zustatten kamen. Allein der Umstand, dass wir zu Vier als unständige ledige Lehrer im Schulhause beisammen waren, in Wirtshäusern Kost hatten, die freien Nachmittage im Sommer sowie der etwas leichte Ortsgeist überhaupt wirkte mehr erschlaffend als geistig und sittlich erhebend und fördernd auf mich ein, und mein alter Geistlicher hatte nur zu sehr das Rechte getroffen, wenn er in sein übrigens gutes Zeugnis über meine Führung in schonender Weise die Bemerkung einfließen ließ: „Daß nicht auch Wolken anderer Art bei ihm aufsteigen, will ich nicht in Abrede ziehen.“ Ja, die Wolken des Leichtsinns, der Eitelkeit und Weltliebe verdeckten mir das göttliche Gnadenlicht und im Blick auf das Eine, was not thut.

In Bürg bei Neuenstadt an der Lahn, einer Gemeinde von etlichen 40 Bürgern hatte ich eine einklassige Schule 30-40 Kinder. Mein Einkommen betrug anfangs 275 Fladen. Von 1858 an 300 fl. Darunter waren circa 40 Zehntgarben, die ich bei den Bauern und Pächtern selbst einziehen mußte, was, wenn ich dies in persona tat, um so vorteilhafter für mich war, weil man oft zwei Garben in eine zusammenband im anderen Fall muss ich gegenwärtigen, für hochmütig verschrien zu werden. Beim Dienst war noch einige Grundstücke, die ich selbst bewirtschaftete und eigenhändig bebaute, wobei mich meine liebe Frau soweit es die Haushaltungen und ihre Gesundheit erlaubte, treulich unterstützte. In der übrigen freien Zeit gab ich Privatunterricht im Ort, in Neuenstadt und in Gochsen, wo ich die Kinder des seligen Pfarrers Speidel in Französisch unterrichtet.

In meiner Schule arbeitete ich mit Lust und Liebe und durfte mich der Zufriedenheit meiner geistlichen Vorgesetzten sowie der Gemeinde erfreuen.

Am 2. April 1861 zog ich ihn Cleversulzbach auf. Dort fand ich eine zwar beschränkte, aber gesunde freundliche Wohnung. Die Schule war zweiklassig und ziemlich heruntergekommen und die Arbeit an der Oberklasse mit 10 bis 14 jährigen Schülern waren anfangs so aufreibend für mich, daß ich nach der Schule öfters das Bett aufsuchen musste. Doch mit Gottes Hilfe gelang es mir, die Schule zu heben, die anfangs so schmutzig und ungezogenen Kindern in Reinlichkeit und Ordnung zu gewöhnen und den ungeregelten Schulbesuch ins Geleise zu bringen.

Eine kräftige Stütze fand ich an Schultheiß Ziegler. Diesem im besten Mannesalter stehenden tüchtigen Gemeindebeamten lag die sittliche und ökonomische Ausrichtung der ziemlich herunter gekommenen Gemeinde sehr am Herzen, und bald waren wir, da auch mein ernstliches Bestreben „auf der Stadt Bestes“ gerichtet war, die innigsten Freunde. So durfte ich, von diesem edlen Freunde bei mannigfachen Anfechtungen seitens der Gemeinde und leider auch des Ortsgeistlichen aufgerichtet und ermutigt, mein Amt unter dem Beistand Gottes aufrichten und von den Eltern meiner Schüler viel Liebe und Dankbarkeit erfahren.

In Cleversulzbach lernte ich auch den Dichter Mörike kennen. Mörikes Mutter ruhte neben Schillers Mutter, und weil ich die beiden Gräber pflegte, so beschenkte mich der Dichter gelegentlich eines Besuches in Cleversulzbach mit seinem Bildnis und ein Werkchen „Mozart, auf seiner Reise nach Prag“, und später unterstützt er mich erfolgreich bei meiner Bewerbung in Weilheim.

Eine recht unangenehme Erfahrung machte ich mit der Schulheizung. Gesetzlich zur Heizung der beiden Schulzimmer verpflichtet, durfte ich,  wie dies sonst überall gebräuchlich ist, als Belohnung das übrige Schulholz behalten, sodaß ich vom Besoldungsholz einen Klafter verkaufen konnte. Mißgönner brachen nun unter der durchaus ungerechtfertigten Anschuldigung mangelhafter Schulheizung ein Bewegung in der Gemeinde hervor, der zufolge der Gemeinderat, ohne der Sache auf den Grund zu gehen, kurzweg beschloß, mir die Schulheizung abzunehmen. Auf meine Beschwerde beim gemeinsch. Oberamt erfolgte die Entscheidung, daß ich nach  § 6 die Schulheizung zu besorgen habe, aber ohne jeden Anspruch auf Entschädigung. Darauf erklärte ich dem Gemeinderat meine entschiedene Weigerung zur Wiederübernahme der Heizung, wobei es denn auch sein Bewenden hatte. Aber über diese Streitsache war es zwischen mir und meinem Freund Schultheiß zu einem gründlichen Verstimmung gekommen, und auch die Erfahrung habe ich gemacht – worauf auch meine Gegner höhnisch hinwiesen – daß ich von meinem geistlichen Vorgesetzten vollständig in Stich gelassen wurde. – Noch in demselben Jahr beschloss der Gemeinderat auf den Antrag des Schultheißen Ziegler, eine Besoldungszulage von 25 fl. für meine Person, womit das mir in der Schulheizungssache angethane Unrecht wie es mir schien gut gemacht werden sollte.

Nach mehrern Wochen hatte ich endlich mein Arbeitsfeld angewiesen erhalten; ich hatte circa 40-50 Kinder von 10-14 Jahre beiderlei Geschlechts in wöchentlichen 32 Stunden in den deutschen Schulfächern, im Französisch und Zeichnen zu unterrichten. Mit freudigen Mut ging ich an die Arbeit und durfte mich bald des Vertrauens und Wohlwollens meiner geistlichen Vorgesetzten sowie der ganzen Gemeinde in reichlichen Maße erfreuen. Die Mittelschule erfreut sich eines solchen Zuwachs, daß die bürgerlichen Kolleginnen den Beschluss faßten, einen zweiten unvollständigen Lehrer an derselben anzustellen, worauf aber die obere Schulbehörde nicht einging. Wegen des starken Andrangs mußte nun eine Aufnahmeprüfung eingeführt werden.

Auch von Menschen wurde mir in den letzten Jahren mir und meinem Hause viel Leid zugefügt. Ein Unterlehrer mußte von mir wegen allzu scharfer Züchtigung eines sechsjährigen Knaben verwarnt werden. Derselbe, ein geborener Weilheimer, nahm die Zurechtweisung nicht an und gebrauchte sehr unbotmäßige Ausdrücke gegen mich, wegen deren ich mich hätte beschweren können. Ich wollte dies nicht thun. Allein am gleichen Abend verbreiteten die Verwandten des Unterlehrers in den Wirtshäusern das Gerücht, der Oberlehrer habe dem Unterlehrer in der Schule den Hemdkragen zerrissen.

Zum Schluß seiner Aufzeichnungen schreibt Oberlehrer Hinderer:  „Der Herr hat Grosses uns gethan, des sind wir fröhlich!“

Anhang:

Zum Pfarrspiel Crock gehören Oberwind, Waffenrod-Hinterrod und Hirschendorf. Zu der Dorfschule in Hirschendorf fand ich folgende Notizen:

In Hischendorf gingen vor circa 150 Jahren, fast 40 Kinder in die Schule und auch Sonntags mit zum Gottesdienst. Wären der Predigt hatte der Dorflehrer die Aufgabe in dieser kleinen Kirche unter den Schülern für Ruhe zu sorgen. In einer alten Hausbibel, die einer Hirschendorfer Familie gehört, las ich folgenden Eintrag:

„Abschiedsdank. Bei den letztmal Lesen des Schullehrers Müller zu Hischendorf am 10.2.1811. Das wär nun also das letztemal gewesen, daß ich hier an dieser heiligen Stätte das Wort Gottes verlesen hätte. Dank seid dir, du allgütiger Vater im Himmel für deine Güte und Treue, die du mir in den 14 Jahren, da ich hier als Lehrer war, täglich erweiset hast. Ob du mir schon manchmal ein Kreuz aufzulegen drohtest, so halfst du mir daselbe immer tragen und erleichtern so, daß ich immer mit freudigem Herzen sagen konnte: Gott legt uns eine Last auf, aber hilft uns auch wieder.

Nun liebe Freunde, nehmt von mir den innigsten Dank, welchen ich euch heute zum Abschied bringe, nämlich den Dank für eure Liebe, die ihr mir in den 14 Jahren, da ich bei euch gewesen, zu mir gehabt, und wie ich hoffe und wünsche, zu mir haben werdet, wenn ich auch nicht mehr unter euch bin, ich weiß und bin überzeugt, dass eure Tränen zeugen hiervon, daß ihr mich lieb gehabt. Ich gehe nun an einen anderen, fernen Ort, aber glaubt gewiß, dass ich euch, so lange mir Gott das Leben schenkt, nicht vergessen werden und euch jede Zeit in meinen Gebet, daß ich nun bald in einem anderen Gotteshaus verrichten muss, mit einschließen werde. Nun zum Beschluss nur noch ein paar Worte: Liebe Jugend, die du bei mir in die Schule gegangen, folge jederzeit, solange ihr lebt, meinen  Lehren, die ich euch so oft gab, haltet fest an Gottes Wort, lasst euch ja nichts vormachen, glaubt an Gott und Jesus, so wären wir ruhig und glücklich und eins dort selig werden. Und wie froh werden wir alle dann sein, wenn wir eins dort zusammenkommen, und ich dem Richter der ganzen Welt sagen kann: Hier sind die Deinen, welche du mir zu lehren anvertraut hast, ich habe der Seelen keinen verloren. Lass mich nun schließen, ich kann gar nicht mehr, mein Herz blutet mir, dass ich sagen muss: Leb wohl, lebt ewig wohl und vergesst euren Freund nicht.“

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