Paketklau durch Stasi

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Die Westpakete

ntv Bericht zu Westpaketen

n-tv Bericht zu Westpaketen vom 03.12.2018

Im Sender n-tv wurde am 03.12.2018 folgendes geschrieben:
Die Stasi hat sich ab den 70er-Jahren ordentlich an Westpaketen bedient. Der DDR-Postminister Hans-Jürgen Niehof hat im MDR erzählt, dass die Staatssicherheit pro Jahr mehrere Hunderttausende Pakete geplündert hat – unter dem Vorwand, die DDR schützen zu müssen. Der Inhalt der Pakete sei zur Devisenbeschaffung benutzt worden – „oder es fand sich in der Waldsiedlung bei den Politbonzen in Wandlitz wieder, so Niehof. Führungskräfte der SED hätten die Waren im Kurs von eins zu eins kaufen können. Allein in den letzten vier Jahren der DDR hat sich die Stasi 32 Millionen Mark Bargeld aus den Paketen rausgenommen – und Waren im Wert von zehn Millionen DDR-Mark.

Nach dem Tod meines Vaters Christoph Ziegner im März 1968 haben viele unserer Verwandten Pakete und Päckchen geschickt. Jetzt habe ich Aufzeichnungen entdeckt, die einen Paketklau durch die „DDR“ bestätigen. Meine Mutter Johanna Ziegner hatte Listen geführt.

1968 sind 21 Pakete nicht angekommen
1969 sind   5 Pakete nicht angekommen
1970 sind 14 Pakete nicht angekommen
200 DM-West aus Briefen heraus gestohlen

1969 – 1972   – wurden ca 1.040,00 DM-West aus Briefen an Johanna Ziegner entwendet.

Zoll und Westpakete

Zoll und Westpakete

Johanna Ziegner
Heiligenstadt, Hospitalstraße 11

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An die Betriebsleitung der Deutschen Post
Heilbad Heiligenstadt

Paketsendungen aus Westdeutschland

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Seit dem 20.09.1968 fehlen mir fünf Paketsendungen aus Westdeutschland.

Darunter drei Einschreibepäckchen aus Kassel. Der Absender hat dort bereits eine Verlustanzeige aufgegeben. Da ich mir nicht vorstellen kann, daß die Sendungen schon in dem kleinen Stück von Kassel an die Grenze verlorengehen und die Deutsche Post die Pflicht hat, unsere Postsendungen vor Diebstahl zu schützen, bitte ich sie dringend, mir bei dem Aufsuchen der Pakete behilflich zu sein.

Zoll, Briefumschlag

Zoll

Zoll

Zollverwaltung der
Deutschen Demokratischen Republik
Bezirksverwaltung Erfurt
Abteilung Recht
Sachgebiet Eingaben

Frau
Johanna Ziegner
563 Heiligenstadt

„Sehr geehrte Frau Ziegner!

Wir bestätigen den Eingang ihres Schreibens vom 19.10.1966 … und teilen Ihnen in Beantwortung desselben folgendes mit:

Entsprechend der Verordnung über den Geschenkpaket- und -päckchenverkehr sind Schallplatten zur Ein- und Ausfuhr von und nach Westdeutschland und Westberlin in Geschenksendungen nicht zugelassen.

Wie Sie schreiben, handelt es sich bei den von Ihnen genannten Schallplatten um solche, die in unserer Republik käuflich erworben wurden und anlässlich eines Umzuges ausgeführt worden.

Wir könnten in diesem Falle ausnahmsweise eine Einfuhr derselben ermöglichen, wenn bei der Kontrolle festgestellt wird, daß es sich tatsächlich um Schallplatten der Produktion der DDR handelt. Werden andere Schallplatten festgestellt, so wird entsprechend den hierfür geltenden gesetzlichen Bestimmungen entschieden.

Bezüglich der Nichtankunft von Sendungen sehen wir uns außerstande, Ihnen zu helfen. Wenn durch die Zollverwaltung auf Grund von groben Verstößen gegen die versandregelnden Bestimmungen im Geschenkpostverkehr eine Sendung eingezogen werden muß, so erhält in jedem Falle der in unserer Republik wohnende Beteiligte am Geschenkpostverkehr ein entsprechendes Einziehungsprotokoll. Nachforschungen nach dem Verbleib von Sendungen können durch die Zollverwaltung nicht geführt werden, da wir nicht im Besitz der hierfür erforderlichen Unterlagen wie z.B. Paketkarten u.ä. gelangen. Es besteht lediglich die Möglichkeit, daß seitens des Absenders beim zuständigen Aufgabepostamt ein entsprechender Nachforschungsantrag gestellt wird.“

Hochachtungsvoll
(Papst) Unterschrift)
Zollsekretär
Sachgebietsleiter

Zoll

Zoll

Deutsche Post
Bahnpostamt
Der Leiter

Frau
Johanna Ziegner
563 Heiligenstadt

Betreff: ihrer Eingabe (06.11.1967)

Sehr geehrte Frau Ziegner

Ihr oben angeführtes Schreiben wurde uns von der Zollverwaltung der DDR zuständigkeitshalber übergeben. Leider können wir jedoch im Bereich der Paketkontrollstelle nichts über den Verbleib Ihrer Sendung feststellen, da die kontrollierten Sendungen nicht registriert werden.

Die Nachforschungen nach einer vermissten Sendung können grundsätzlich nur vom Aufgabepostamt aus durchgeführt werden, bei dem sie vom Absender zu beantragen sind.

Der Bock
(Unterschrift)
Rat

Anschreiben Zoll

Johanna Ziegner
563 Heilbad Heiligenstadt
Hospitalstr. 11

Heiligenstadt, den 25.10.68

An die Zollverwaltung der Deutschen Demokratischen Republik
Bezirksverwaltung Erfurt

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Abteilung Recht – Sachgebiet Eingaben

Betr. Verlorengegangene Paketsendungen von Westdeutschland

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Seit den Monaten August / September fehlen mir 6 Paketsendungen aus Westdeutschland; darunter 3 Einschreibepäckchen. Obwohl die Absender die Sendungen schon reklamiert haben und ich eine ergebnislos gebliebene Beschwerde bei der hiesigen Postleitung vorgetragen habe, möchte Ich auch an Sie eine Beschwerde darüber richten. In meinen Augen sind Post und Zollverwaltung dazu verpflichtet, unsere Pakete vor Zugriffen und Diebstählen zu schützen! Ich bitte Sie, mir bei der Auffindung der Pakete behilflich zu sein, nachdem die hiesige Post die Zuständigkeit abgelehnt hat. Ich möchte Ihnen kurz meine Situation schildern: Mein Mann ist im Frühjahr 1968 plötzlich an einem Herzinfarkt gestorben. Obwohl er seit dem Bestehen der DDR seine ganze Arbeitskraft zur Verfügung gestellt hat und immer in leitenden Stellungen tätig war und ich nun allein mit vier Kindern im Alter von 8 – 15 Jahren stehe, bekomme ich keine Rente oder ähnliche Zuwendungen. Da alle Verwandten meines Mannes in Westdeutschland schon immer wohnen, wollen sie mir jetzt etwas helfen. Aber was nützt mir das, wenn mich die Paketsendungen nicht erreichen. Können Sie sich meine Verbitterung darüber vorstellen? Ich rechne nun auf Ihre Hilfe!

Zoll

Zoll

Das Volk
Chefredaktion

19.11.1968

Frau
Johanna Ziegner
563 Heiligenstadt

Werte Frau Ziegner!

Nachdem ich mich auf Ihren Brief hin an die Zollverwaltung wandte, kann ich Ihnen jetzt die endgültige Antwort auf Ihre Anfrage übermitteln. Da in der Auskunft des stellv. Leiters der Bezirksverwaltung Erfurt alle Ihre Fragen beantwortet sind, ist es wohl am besten, wenn ich Ihnen nachstehend wiedergebe, was er schrieb:

„Ich habe meine Abteilung Recht beauftragt, eine Prüfung über den Verbleib der nichtangekommenen drei Einschreibsendungen an diese Bürgerin durchzuführen. Diese Überprüfung hat ergeben, daß von der Zollverwaltung keine Maßnahmen durchgeführt wurden und wir demzufolge nicht weiter behilflich sein können.

Der Grundsatz unserer Tätigkeit bei der Kontrolle von Postsendungen ist, daß bei einer durchgeführten Maßnahme, beispielsweise einer Einziehung von einfuhrverbotenen Waren und Gegenständen, der Empfänger ein Einziehungsprotokoll erhält, auf dem diese Maßnahme auf der Grundlage der Verordnung des Geschenkpaket- und -päckchenverkehr auf dem Postwege mit Westdeutschland, Westberlin und des Ausland vom 5.8.1954 (GBL. S. 727) begründet wird.

Sollte Frau Ziegner kein Einziehungsprotokoll erhalten haben, kann sich der Absender nur an das Aufgabepostamt in Westdeutschland mit einem Regreßantrag wenden. Entsprechend den Postbestimmungen haftet die Post für die von den Bürgern angenommenen Sendungen.“

Ich hoffe, daß ich Sie mit dieser Auskunft zufriedenstellen konnte und bin gern bereit, Ihnen noch weitere Fragen zu beantworten. Ich würde mich freuen, wenn Sie uns öfter Ihre Meinung zur Zeitung wissen ließen.

Mit sozialistischem Gruß
(Kreft)
stellv. Chefredakteur

1964

Einziehungsprotokoll 1964