Das Spendenbuch

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Das Spendenbuch!

Das Spendenbuch!

Wie kam es zu dieser aussergwöhnlichen Spendenaufforderung?

Nach zwei Jahren Dienst in der Kirche Crock konnte ich den schlechten inneren und äußeren Zustand der Kirche eigentlich nicht mehr so richtig ertragen. Überall rieselte Dreck von den Wänden. Die Bänke immer verstaubt. Es regnete in die Kirche hinein, da das Dach erheblich beschädigt war. So habe ich Anfang 1983 die Ärmel hoch gekrempelt und drei Schubkarren Dreck aus der Sakristei gefahren, um mich wenigstens beim sonntäglichen Anziehen des Talars nicht schmutzig zu machen. Das wurde von der Crockern vom neben der Kirche liegenden Friedhof aus beobachtet.

Die zentrale Bushaltstelle im Ort war jeden Morgen um 6:00 Uhr der Treffpunkt der werktätigen Bevölkerung, um mit Bussen zur Arbeit gebracht zu werden. Während des Wartens auf die Busse, wurde die vom Pfarrer veranstaltete Kirchenreinigung besprochen. Heraus kam: „Der Pfarrer macht „seine“ Kirche“. Da dachte ich mir, dass hier etwas falsch verstanden wird. Sofort habe ich aus dem Fußboden des Gestühls einen faulen Balken herausgebrochen und diesen in den Gemeinderaum an zentraler Stelle aufgebaut und wie auf dem Bild zu sehen, entsprechend beschriftet. Daneben ein Spendenbuch. Da musste ich mir was anhören! Von wegen „unserer“ verfaulten Kirche und so. Die Diskussion führte schließlich dazu, dass die `Alten` der Gemeinde verlangten, das Spendenbuch in der Kirche auszulegen und jeder sollte sich mit einem Betrag dort eintragen.

Dieses Spendenbuch war zwei Jahre lang die interessanteste Lektüre nach dem Gottesdienst. Es wurde immer genau geprüft, wer noch nicht gezahlt hatte. Dieses „noch nicht bezahlt“ wurde sofort angegangen und die Betroffenen aufgefordert ihren Beitrag zu leisten. Ich wollte es am Ende nicht glauben, aber die gesamten Renovierungskosten von über 100.000,00 DDR-Mark waren zusammen gekommen. Was wollte ich mehr? Wir konnten alle völlig entspannt die Wiedereinweihungsfeier 1985 vorbereiten.

Das Wichtigste war wohl, dass nun die Gemeindeglieder auch von „unserer“ Kirche gesprochen haben. Jetzt war es auch eindeutig, die Pfarrer kommen und gehen, aber die Kirche bleibt im Dorf.