Religionsunterricht – Hurra!

Religionsunterricht wieder in der Schule 1989

Wie kam es dazu, dass mit der Wende 1989 wieder Religionsunterricht nach 1945 in den Thüringer Schulen erteilt werden konnte? Man muss diese Geschichte von Anfang an betrachten, um zu verstehen, warum der Religionsunterricht quasi „über Nacht“ 1989 wieder in den Lehrplan der Schulen kam.

Befehl Nr. 40 der sowjetischen Militäradministration 1945: „Die schulische Erziehung der Jugend ist ausschließlich Angelegenheit des Staates. Der Religionsunterricht ist Angelegenheit der Religionsgemeinschaften und nicht der Schule.“ In den Ausführungsbestimmungen zu diesem Befehl der sowjetischen Militäradministration Deutschland vom 25.8.1945 wird ergänzt: „Er wird daher nicht in den Lehrplan aufgenommen.“

Über die Jahre hinweg hat Ziegner die einschlägigen Archive aufgesucht, in denen die kirchlichen Dokumente aufbewahrt waren: das Landeskirchenarchiv der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (Eisenach), die Registratur der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (Erfurt). Ziegner hat in unermüdlicher und akribischer Detailarbeit das Quellenmaterial gesichtet, geprüft, geordnet und zusammengestellt: Protokolle der kirchlichen Gremien (Landeskirchenrat, Landessynode), Jahresberichte der Bildungseinrichtungen, Briefe, Gesprächsnotizen, Diskussionspapiere, Aktennotizen, Informationsmaterialien zum Religionsunterricht.

Darüber hinaus hat er zahlreiche Interviews mit Zeitzeugen geführt und nach deren heutigen Einschätzungen der Anfangsjahre des neuen Unterrichtsfachs Evangelische Religion gefragt. Darüber hinaus ist er bei seinen Recherchearbeiten auf weitere religionsdidaktisch aufschlussreiche Materialien gestoßen, deren Aufarbeitung religionspädagogisch dringend anzuraten wäre…“
(aus Vorwort Aufruhr unter Thüringer Pfarrer, Prof. Andrea Schulte, 2017)

1990 wollte ich Religionsunterricht in der Schule in Crock erteilen. Jedoch seitens der Schulleitung gab es keinerlei Interesse. Dabei hatte ich das Gefühl, alles sollte so weiter gehen wie immer. Interessant nur, dass die „Genossenlehrer“ sich umgehend das Begrüßungsgeld in Coburg abgeholt haben. Aber im Mai 1991 kam nach einem Eklat durch mich endlich auch die Wende im Bildungsbereich der Crocker Schule an.

Eklat: Die Crocker Schule wurde 400 Jahre alt. Meine Chance. Da kein großer Raum in Crock vorhanden war, habe ich die Kirche unter der Bedingung zur Verfügung gestellt, dass ich auch etwas sagen darf. Und ich habe etwas gesagt. Meine Ansprache ist wochenlang durch die Zeitung „gezerrt“ worden. Unzählige Anrufe, Briefe, Verleumdungen usw.. Ich war überrascht, hatte ich doch nur wiedergegeben, was ich mit der Schule all die Jahre erlebt habe und am Ende sollte alles so weiter gehen? Nein!

Siehe da, noch am selben Abend bot mir der Genosse Schulleiter an, doch Religionsunterricht in der Schule zu erteilen. Ich sagte: Ja. Es hat ihm aber nichts  mehr genutzt, er wurde nach dieser Festveranstaltung als Schulleiter abgelöst.

Im Gespräch mit Pfarrer Johannes Ziegner notiert der Redakteur:„…Zum Beispiel in Crock sei das Angebot des Religionsunterrichtes im letzten Schuljahr von der guten Hälfte der Schüler wahrgenommen worden. Der wöchentlich einstündige Unterricht von der ersten bis zur achten Klasse, der allein vom Ortspfarrer abgehalten werde, mache den Schülern besonders Spaß, weil die Kinder durch den Christenlehreunterricht in den vergangenen Jahren „inhaltlich gut vorgeschult“ waren, betonte Ziegner. Im Gegensatz zu diesem Christenlehreunterricht bestehen keine gemischten Gruppen mit Schülern verschiedener Altersgruppen mehr und somit sei der Unterricht auch besser durchzuführen. Von der ersten bis zur vierten Klasse werden die Kinder vor allem mit den Grundthemen der Bibel vertraut gemacht. Oft wird dabei eine völlig freie Unterrichtsform praktiziert. Die Kinder lernen durch Spielen, Basteln, Vorlesen oder gemeinsames Gestalten wesentliche Grundelemente.

Die Kirche könne hier den Unterricht sehr frei gestalten, weil sie keine „Altlasten“ im Sinne von einem innerhalb von 40 Jahren „verkorksten“ Unterricht mitbringen, betonte Ziegner… „Beschwerlich“ sei der Umgang mit der Lehrerschaft in der Schule, so Ziegner. Er habe die Erfahrung gemacht, daß kaum Kollektivgeist vorhanden sei und er als Pfarrer schwer Zugang zu anderen Lehrern erhalten habe. Er sei davon überzeugt, erläuterte Ziegner daß aufgrund dieser Tatsachen der Erneuerungsprozeß an den Schulen noch einige Jahre dauern werde. Trotzdem sieht der Crocker Geistliche einen „Hoffnungsschimmer“ bei der weiteren Strukturierung des Unterrichtsfaches Religion. Es gebe eine Menge Lehrer, so Ziegner, die daran interessiert sind, daß die Kirche in der Schule Fuß fasst, weil sie merken, daß viele Antworten auf Lebensprobleme den Kindern nur durch das Fach Religion vermittelt werden können…“
(Peter Lauterbach, Freies Wort, 15.08.1992)

Religionsunterricht in Crock ab 1991

Arbeit mit Kindern und Jugendlichen vor 1989

Religionslehrerausbildung in Crock

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