Glockenweihe 2006

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Glockenweihe in der Kaserne Gotha, Dezember 2006.

Glockenweihe in der Friedenstein-Kaserne Gotha, Volkstrauertag 2006.

 

Glockenweihe durch Standortpfarrer Johannes Ziegner (re.)
(Auszug: Predigt)
Friedenstein-Kaserne Gotha
Volkstrauertag 2006

„Liebe Gemeinde,
für die meisten Menschen ist der Volkstrauertag ein ganz normaler Tag.  Allein das Ordnungsamt erinnert uns daran, dass bestimmte Veranstaltungen heute keinen Platz haben, die dem Charakter des Tages nicht entsprechen. Die Menschen werden von Jahr zu Jahr weniger, die einen derbeiden Kriege, die unser Land im letzten Jahrhundert durchlitten erlebt haben. Sie werden weniger, die Kameraden und Freunde, die direkte Angehörige in diesen Kriegen verloren haben. Sie werden weniger, die Menschen, die die Angriffe auf Städte und Dörfer miterlebt haben. Was Krieg bedeutet und welches Elend, welche Not Menschen über Menschen bringen können, ist für viele von uns nur noch in Büchern, in Bildern und Filmen präsent. Was Krieg bedeutet und welches Elend ein Krieg bringt, verschwimmt immer mehr in seinen Konturen und wird letztlichzur unvorstellbaren Größe. So können wir auch nur erahnen, was sich in den Einsatzgebieten der Bundeswehr abspielt. Männer und Frauen der Bundeswehr, die wieder aus den Einsätzen zurückkommen können uns nur schwer vermitteln, was sie mit eigenen Augen gesehen haben.

Das heißt aber nicht, dass wir sorglos wären – ganz im Gegenteil: das Friede und dass Wohlstand bedroht sind, das spüren wir schon. Nach den Anschlägen am 11. September hat diese Bedrohung wieder  ein Gesicht bekommen. Alle erdenklichen Anstrengungen werden gebraucht, um dieser Gefahr zu begegnen. Soldaten dieser Einheit  aus Gotha sind für uns in Afghanistan dabei, um einer Kriegsgefahr zu begegnen. Dankbar sind wir, das ein Teil der Truppe aus dem Einsatzgebiet wieder wohlbehalten zu Hause angekommen ist. Aber eben auch mit Erfahrungen, die der Aufarbeitung bedürfen. Die Anderen aus unserer Einheit werden später kommen und wir hoffen ebenso, dass sie gesund wieder zu ihren Familien zurückkehren. Bei aller erdenklicher Anstrengung, um der Gefahr der Bedrohung zu begegnen, fürchte ich, dass wir vielleicht auch zu den verkehrten Mittel greifen. Das wir Lawinen lostreten, die nicht mehr zu beherrschen sind. Letztlich so reagieren, dass wir am Ende alles aufs Spiel setzen. Die abscheulichen und abschrecktenden Bilder aus Afghanistan sind dafür ein Beispiel. Gemeinsam müssen wir alle Mittel ausschöpfen, die uns die Politik und die Diplomatie an die Hand geben. Wir sind dabei zur Besonnenheit aufgerufen. Unsere Soldaten in Afghanistan und in den anderen Ländern tragen auf ihre Weise ihren Anteil dazu bei. Aber auch die Politik ist gefragt. In dem vom Militär aufgehaltenen Fenster muß Politik künftig schneller reagieren und auch mit handeln. Das Militär allein kann ein Land auf lange Sicht nicht allein befrieden. Die Erfahrung von früher, die Erfahrungen einer Zeit, an die der heutige Volkstrauertag erinnert, können da hilfreich sein: hilfreich nämlich, Politik zu ermahnen, dass die Wahrung des Friedens in Freiheit eines der höchsten Güter unserer Welt überhaupt ist. Was wir alle tun, wie wir alle reden und selbst was wir denken, trägt seinen Teil zum großen Geschehen bei. Das galt ebenso für die Zeit, an die dieser Tag erinnert und es gilt auch für und heute.

Der Volkstrauertag, ein Tag, an dem wir an die Opfer von damals denken, damit es zukünftig keine Opfer mehr geben muss. Der Volkstrauertag, ein Tag, der uns ermahnen möchte, damit alte Fehler nicht noch einmal gemacht werden. Es ist ein wichtiger Tag, heute wichtiger denn je. Jesus sagt: Ich bin das Licht der Welt. Das unsere Gefallenen, Getöteten und Verstorbenen an diesem Licht Anteil haben, das dürfen wir annehmen und glauben. Das Licht Jesus brennt nicht umsonst. Auf einzigartige Weise hat ER sich verzehrt, um anderen Licht und Hoffnung, Freude und Zukunft zu schenken. Christus ist stärker als der Tod. Unsere Herr selbst gebe es, dass es so bleibt.

Wenn wir heute die Glocke aus dem Panzeraufklärungsbatallion 2 in Hessen – Lichtenau für den Standort Gotha zum Schwingen bringen, dann bedeutet das auch: Diese Glocke wird ihre eigene Sprache sprechen. Wir werden den Klang aufnehmen und ihn in unsere Gefühle integrieren. Dann drückt dasselbe Geläut Trauer oder Freude, Leid oder Jubel aus. Es ist nicht nur etwas eigentümliches, dass in diesem Standort dank eines umtriebigen Kommandeurs diese Glocke wieder erklingen wird, sondern es ist schon eigentümlich den Ruf einer Glocke mitten in diesem modernen Zeitalter wieder in den Mittelpunkt zwischen Menschen zu rücken.

Die Glocke und ihr Klang bringt uns wieder zu Bewußtsein, dass die letzten Fragen nach Sinn und Unsinn unseres Lebens, von uns mit der gleichen Ernsthaftigkeit und Entschiedenheit beantwortet werden müssen, wie von unseren Vorfahren. Die Glocke erinnert uns daran, dass jede Zeit, auch die unsere, von Gottes Gegenwart erfüllt ist. Sie ruft uns Botschaften zu, die uns mitten ins Herz treffen sollen. Sie erinnert uns daran, dass auch heute ein Leben erst sinnvoll wird, wenn es ein bleibendes, unvergängliches Ziel hat. Eben, wenn es eine Antwort ist auf Gottes Einladung zu bleibender Gemeinschaft mit ihm. Zugegeben, unser Alltag macht es uns manchmal schwer, den verborgenen Glanz unserer Berufung durch Gott zu erkennen. Aber auch andere Werte, die unser Leben schön und menschlich machen, wie Liebe, Treue, Freundschaft, Kameradschaft und Einsatzbereitschaft für andere Menschen können manchmal verblassen. Die Gewohnheit, Nachlässigkeit und Bequemlichkeit können sich wie eine Staubschicht über unser Leben legen und es verdunkeln. Aber ein energisches Abwischen bringt unser Leben wieder neu hervor.

Wir dürfen dankbar sein für den zukünftigen Dienst dieser Glocke, die uns an das erinnert, was längst schon in unserem Leben, dank der Gnade Gottes, Wirklichkeit ist. Ich denke unser Standort wäre ärmer, wenn es diese Glocke nicht gäbe. Aber auch wir wären ärmer, ja erschreckend arm, wenn wir Gottes einladenden Ruf nicht mehr hören und breitwillig antworten würden. Das macht die Glocke so wichtig und wertvoll. Mögen viele Soldaten, Unteroffiziere und Offiziere erkennen, dass diese Glocke ein heiliges Zeichen und Signal ist. Ihr Klang weist uns im flachen Alltagsleben auf eine tiefe und göttliche Dimension hin, die unser ganzes Dasein trägt und hält. Amen.“